Das seltsame Zögern des deutschen Mittelstands

Mit einem Kommentar von

Ute Lauster

Senior Manager

Laut Sparkassen-Finanzgruppe haben die meisten Firmen die Kraft zum Investieren. Doch sie warten ab.

Wunder verlangt Ulrich Reuter nicht von der Bundesregierung. „Das ist nicht nötig“, sagt der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). „Spürbare Verbesserungen“ sollen es aber schon noch sein in der verbleibenden Legislaturperiode. „Es reicht aus, wenn sich die Politik dabei auf die Dinge konzentriert, die die Menschen und Unternehmen in ihrem Alltag als Herausforderungen erleben.“ Das sei wichtiger, als neue Vorgaben zu ersinnen.

Bezogen auf den Mittelstand – hat Reuter dabei klare Vorstellungen. „Die Unternehmen brauchen mehr Freiräume“, sagt der Banker und nennt als Forderungen unter anderem Steuererleichterungen, eine effizientere digitale Verwaltung und weniger Bürokratie „Zudem bedarf es einer starken und zuverlässigen Infrastruktur, nicht nur digital.“ Und Energie müsse sicher verfügbar und vor allem bezahlbar sein.

Weil es bei vielen dieser Punkte aktuell aber hapert, sind die wirtschaftliche Dynamik und die Innovationsfreude speziell bei den kleinen und mittleren Unternehmen gedämpft. Das zeigt der „S-Mittelstands-Fitnessindex“, für den die Sparkassen-Finanzgruppe die Bilanzen von rund 300.000 Firmenkunden anonym ausgewertet haben.

Zwar ist die Finanzlage im Mittelstand der Untersuchung zufolge stabil. „Mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 37 Prozent zeigen die Unternehmen ihre Robustheit“, sagt DSGV-Chef Reuter. „Die mittelständischen Unternehmen haben also die Kraft zum Investieren.“ Aber sie tun es nicht, beschreibt der Sparkassen-Präsident. „Wir sehen eine große Zurückhaltung bei der Investitionskreditnachfrage. Die Unternehmen warten ab.“

Der Politik schiebt Reuter dabei eine Mitverantwortung zu. Denn seitens der Unternehmen werde die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen zunehmend hinterfragt und angezweifelt. „Der Mittelstand hat das Potenzial, beim technologischen Wandel und dem Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft eine zentrale Rolle zu spielen“, sagt der seit Januar amtierende Jurist. Viele Unternehmen hätten sich auch bereits auf den Weg gemacht. „Aber nun zögern sie, verstärkt in neue Technologien und Prozesse zu investieren. Denn sie hinterfragen die wirtschaftliche Tragfähigkeit dieser Investitionen. Das Risiko scheint ihnen zu hoch.“

Dazu passt auch das Eingeständnis von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck beim Nationalen Stahlgipfel in Duisburg zu Beginn der Woche. „Wenn wir immer nur schwanken, rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, hü und hott, Zick-Zack-Kurs – das ist der sicherste Weg keine Zukunft zu haben“, sagt der Grünen-Politiker. „Strategie ist Fokussierung.“ Man könne mal einen Umweg fahren, aber Kurs müsse gehalten werden. „Die Zukunft wird erreicht, indem wir die Produktion in der Stahlindustrie umstellen. Wichtig ist, dass wir miteinander darüber reden, wie wir diesen Pfad umsetzen und nicht den Pfad verlassen“, sagt Habeck über die grüne Transformation der energieintensiven Branche, die für allein sieben Prozent der CO₂-Emissionen in Deutschland verantwortlich ist und neben Großkonzernen wie Thyssenkrupp, ArcelorMittal und Saarstahl auch etliche Mittelständler umfasst.

Für eine Aufbruchstimmung dort wie auch in anderen Branchen fordert der Sparkassen-Verband den Abbau struktureller Hürden und mehr Anreize für Investitionen. „Es geht jetzt darum, Investitionsdynamik zu erreichen“, sagt Verbandschef Reuter. Denn um gegenüber den USA und China nicht den Anschluss zu verlieren, brauche Europa deutlich mehr Investitionen als bislang. Eine zentrale Rolle kann dabei nach Ansicht des DSGV auch die Mobilisierung privaten Kapitals für die öffentliche Infrastruktur spielen. „Es ist ausgeschlossen, dass Investitionen im notwendigen Umfang allein aus öffentlichen Haushalten finanziert werden können.“

Wichtig sei es daher, Wege zu finden, wie privates Kapital für die Verbesserung der Infrastruktur genutzt werden könne. „Ich sehe die Aufgabe des Staates nicht vordringlich darin, selbst das Investitionskapital in seinen Haushalten aufzubringen. Aufgabe des Staates ist es, für die Breite der Anleger attraktive Investitionsbedingungen zu schaffen“, sagt Reuter. Das beinhalte dann oft auch Sicherheitsversprechen.

Abschreckend für Investoren dürfte indes das stetige Abrutschen Deutschlands im Standortranking sein. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sieht die Bundesrepublik derzeit im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit nur noch auf Platz 24 von 67 bewerteten Ländern. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren stand noch Platz sechs zu Buche.

„Das ist ein alarmierendes Signal“, sagt Reuter. Seine Sparkassen beobachten bereits, dass selbst der Mittelstand zunehmend in Auslandsstandorte investiert. „Wir sehen tatsächlich Anfänge einer schleichenden Deindustrialisierung.“ Deutschland drohe wertvolle industrielle Wertschöpfung zu verlieren. „Das Fundament, auf dem unser Wohlstand ruht, gerät unter Druck.“

BANSBACH kommentiert

Corona. Ukraine-Konflikt. Hohe Energiekosten und eine hohe Inflation. Eine Eskalation der Lage in Nahost. Hinkende Digitalisierung. Demografischer Wandel und Fachkräftemangel. Wer einen Teil dieser Krisen bereits überstanden hat – und mit der anderen Hälfte noch kämpft –, hat sehr wahrscheinlich bereits Geld in die Hand nehmen und investieren müssen.

Im Anschluss daran tut man eines: sich für den nächsten Schlag wappnen, der da kommt. Es wird vor allem eine Zukunftsangst sein, die die wirklichen Mittelständler zurückhält, nicht fehlende Anreize zur Investition. Denn wer sich fürchten muss, ob sein Geschäft die nächste – nicht vorhersehbare – Krise überstehen kann, behält sein Kapital ein. Der Mittelständler denkt an den Fortbestand: für sich, seine Familie und seine Angestellten. Expansion kann da keinen hohen Stellenwert einnehmen.

Erst wenn das Unternehmen sicher ist, wird daran gedacht, die Produktion auszubauen, werden Dienstleistungen entwickelt. Dazu braucht es allerdings Planbarkeit – ansonsten können die kleinen und mittelständischen Unternehmer nur zögerlich weiterarbeiten wie bisher.

Planbarkeit bedeutet unter anderem eine funktionierende Infrastruktur, niedrige und konstante Energiepreise, eine Verfügbarkeit der notwendigen Fachkräfte und eine machbare Bürokratiestruktur. Vor allem letzteres ist eine Stellschraube, an der gerade der Gesetzgeber in seiner Funktion als ebendieser ohne große Umwege drehen können sollte.

Betrachtet man allerdings allein die verpflichtende Einführung der E-Rechnung, spürt man: Ein digitalisierter Prozess bringt immer weitere neue Verwaltungsprozesse mit sich, auf die wohl nicht verzichtet werden kann.

Eine Schätzung des Nationalen Normenkontrollrates gibt der Belastung durch die Bürokratie in Deutschland einen Gegenwert von über 65 Milliarden Euro. Mittelständische Unternehmen beschäftigen gut 58 Prozent sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer in Deutschland. Vor solchen Kosten muss dieses wichtige Standbein der deutschen Wirtschaft eigentlich geschützt werden. Denn das, was an Unternehmergeist und Innovationskraft nach den Krisen noch vorhanden ist, kann damit allzu leicht erstickt werden.

Und die Lösung? Ein Schrei danach, dass alles besser und einfacher werden muss ist leicht. Sich damit abzufinden, dass es ist, wie es ist, ebenfalls. Der Kopf des Unternehmers hat aber im Sand nichts verloren, denn das wird ihm nicht gerecht. Wenn der Tatendrang nicht kommen will, dann ist es immerhin das Durchhaltevermögen, das KMUs ausmacht – und auch das verdient Anerkennung.

Unsere Lösung? Ein starker Partner an Ihrer Seite. Auch als Steuerberater gehen wir mit unserer Dienstleistung weit über das typische Beratungsspektrum hinaus. Von Corporate Finance-Fragen über Existenzgründungen bis hin zur Nachhaltigkeitsberatung und Unternehmensberatung unterstützen wir Unternehmen aller Größenordnungen.

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