Deutschlands Wohnungsbau am Boden

Mit einem Kommentar von

Katja Hanf

Steuerberaterin

Die Entwicklung geht ungebremst weiter: Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen und Häuser ist im April erneut eingebrochen. Im April zählte das Statistische Bundesamt 17.600 Genehmigungen und damit 17 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Damit ging die Zahl der Genehmigungen im 24. Monat in Folge zurück. Selbst für Branchenvertreter ist die fortgesetzte Entwicklung unerwartet. „Der Rückgang im April hat mich überrascht“, sagt Andreas Geyer, Leiter der Abteilung Wirtschaft beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Der Verband vertritt eher das Bauhandwerk. „Ich war davon ausgegangen, dass wir die Talsohle bereits erreicht haben.“

Von Jahresanfang bis Ende April wurden damit ein Fünftel weniger Wohnungen genehmigt als im gleichen Zeitraum 2023. Die Entwicklung verschärft nicht nur den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, allen voran in den gefragten Metropolregionen. Je länger die Flaute anhält, desto stärker belastet sie zudem die Konjunktur und den Arbeitsmarkt. Im vergangenen Jahr wurden zwar noch rund 294.000 Häuser und Wohnungen fertiggestellt und damit erheblich mehr als von Branchenexperten erwartet. Auch die Umsätze in dem Sektor haben in den vergangenen Jahren vor allem wegen Preissteigerungen kräftig zugelegt. Allerdings beträgt die durchschnittliche Dauer zwischen Baugenehmigung und Fertigstellung laut dem Statistischen Bundesamt zwei Jahre. Das bedeutet, dass die Fertigstellungen aus dem vergangenen Jahr auf Baugenehmigungen im Jahr 2021 beruhen. Die seit Monaten anhaltende Flaute bei den Baugenehmigungen kommt deshalb auch mit Verzögerung in der Baubranche an.

Tatsächlich ist die Zahl der Pleiten im Wohnungsbau bereits im vergangenen Jahr um ein Viertel gestiegen – wenn auch von einem niedrigen Niveau. Noch ist die Branche weit entfernt von Zuständen wie in der Baukrise zu Beginn der 2000er-Jahre. Nachdem die Neubautätigkeit in Ostdeutschland nachgelassen hatte, erlebte die Branche damals eine Pleite- und Entlassungswelle, die in den Jahren 2005 bis 2010 ihren Höhepunkt erreichte. Zwar sind die Bauinvestitionen immer noch hoch, trotzdem geht in der Branche die Sorge um, dass die Unternehmen Mitarbeiter entlassen müssen, weil sie in der Boom-Phase viele neue Arbeitskräfte eingestellt haben. Auf dem Tiefpunkt der Baukonjunktur im Jahr 2009 beschäftigte die Branche rund 705.000 Menschen. Seitdem haben die Unternehmen Personal aufgebaut: Im vergangenen Jahr arbeiteten in der Branche rund 928.000 Beschäftigte. „Die Lage beim Wohnungsbau ist kritisch“, sagt Verbandsökonom Geyer. „Die Flaute darf nicht zu lang sein. Die Betriebe können die Auftragsflaute noch abpuffern, aber sie darf nicht zu lang dauern.“ Gegenwärtig bemühten sich die Unternehmen darum, Mitarbeiter zu halten, weil es sehr schwer sei, Arbeitskräfte zurückzuholen, wenn sie einmal die Branche gewechselt hätten.

Zuletzt hat sich offenbar auch die Stimmung in der Branche leicht aufgehellt. Im Mai habe sich die Stimmung unter den Bau-Managern leicht verbessert, vermeldet das Münchener Ifo-Institut, das mit einer regelmäßigen Befragung den Puls der Branche misst. Das Stimmungsbarometer für den Sektor sei von minus 52,3 im April auf minus 46,6 Punkte gestiegen und sowohl die Einschätzung der gegenwärtigen Lage als auch der Ausblick auf die kommenden Wochen habe sich verbessert. Die Verbesserung deutet darauf hin, dass eine Talsohle erreicht ist und sich eine dramatischere Entwicklung vermeiden lässt. „Der Weg zur Erholung ist noch lang“, mahnt allerdings Klaus Wohlrabe, der beim Ifo-Institut die Umfragen leitet. Laut den Ifo-Forschern litt zuletzt mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen unter Auftragsmangel.

Auch bei den Stornierungen von Projekten hat sich die Situation nur leicht verbessert. Im Mai meldete immerhin noch mehr als jeder siebte Betrieb Stornierungen. Viele Unternehmen senkten ihre Preise, um Aufträge zu sichern, berichtet Wohlrabe. Die Bauwirtschaft ist während des Baubooms in der Niedrigzinsphase immer wichtiger geworden. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat für ein Gutachten im Auftrag des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie berechnet, wie stark die Bauinvestitionen hierzulande seit der letzten Krise am Bau gestiegen sind: Demnach lagen die Wohnungsbauinvestitionen im Jahr 2020 um 40 Prozent über dem Niveau von 2009 – und das, obwohl die Werte bereits um die Inflation bereinigt waren. Trotz der Rückgänge in den vergangenen drei Jahren hätten die Bauinvestitionen auch 2023 inflationsbereinigt noch knapp 30 Prozent über dem Niveau von 2009 gelegen.

BANSBACH kommentiert

Dass weniger und weniger Wohnungen in Deutschland gebaut werden, steht fest. Laut dem GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen) fehlen gut 800.000 Wohnungen in Deutschland. Im Jahr 2023 wurden laut dem Statistischen Bundesamt 294.400 Wohnungen fertiggestellt. Allerdings benötigt Deutschland bei einer mittleren Bevölkerungsentwicklung 170.000 neue Wohnungen pro Jahr. Diese Daten wiederum stammen aus einer Studie von Empirica. Betrachtet man diese Zahlen, scheint eine Entspannung des Wohnungsmarktes noch weit entfernt.

Nachfolgend möchte ich mit Ihnen gerne die Ursachen für die immer weniger werdenden Baugenehmigungen betrachten:

Hohe Kreditzinsen: Trotz der Anpassung des Leitzinses der Europäischen Zentralbank im Juli um 0,25 Prozentpunkte nach unten, bleiben Bauzinsen teuer – und werden weiterhin teurer. Vom Jahresbeginn 2024 bis zum Juni hat sich der Zinssatz für Baukredite um 0,30 Prozentpunkte erhöht.

Hohe Baukosten: Die Nachwirkungen einer hohen Inflation sowie stark gestiegene Energie- und Materialpreise sorgen für Ärger und Unsicherheit; nämlich darin, ob man sich ein Bauprojekt noch leisten kann, oder leisten können soll. Allerdings könnte die schwache Baunachfrage dafür sorgen, dass die Preise langsam sinken.

Komplexe Baustandards: Wer in Deutschland baut, muss viele strenge rechtliche Vorschriften beachten. Das verlängert nicht nur Genehmigungsprozesse, sondern macht die Baudurchführung selbst sehr mühsam. Beides schreckt nicht nur potentielle Investoren ab, sondern spiegelt sich letztendlich in den Baukosten wider.

Wie nun könnte dem Wohnungsbau in Deutschland wieder etwas Aufschwung verliehen werden? Dafür wird es einen Rundumschlag brauchen und keine verstreuten Einzelmaßnahmen. Denn selbst wenn mit dem Wachstumschancengesetz die degressive Absetzung für Abnutzung befristet wieder eingeführt wird, wird sie allein keine Wende einläuten.

Vielmehr könnte zusätzlich die Grunderwerbsteuer reduziert, die Baustandards sinnvoll gelockert und Bürokratie abgebaut werden. Doch auch diese Maßnahmen bringen ihre eigenen Hürden mit sich: Eine niedrigere Grunderwerbsteuer bedeutet weniger Einnahmen für den Fiskus. Bei den Baustandards sind vor allem die energetischen Maßnahmen ein treibender Faktor für Unmut, obwohl sie wichtig sind. Und beim Bürokratieabbau macht der Gesetzgeber gerne einen Schritt nach vorne und bewegt sich dann drei Faxgeräte wieder zurück.

Der Weg zur Normalisierung ist lang, doch er muss angegangen werden – wenn nicht für Sie und mich, liebe Leserin und lieber Leser, dann für diejenigen, die nach uns effizient und erschwinglich wohnen wollen.

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