Glänzende Aussichten

Mit einem Kommentar von

Dr. Bob Neubert

Wirtschaftsprüfer / Steuerberater

Gold hat eine bewegte Geschichte, in der es auch lange Phasen vor sich hin dümpelnder Kurse gab. Doch zuletzt stieg der Preis wieder kräftig, und das liegt vor allem an den Notenbanken. Hält der Trend an, sind neue Höchststände vorgezeichnet.

Heutzutage reden viele am Finanzmarkt gerne davon, ein Investment sei eine Reise. Dies suggeriert, dass der Weg an der Börse Höhen und Tiefen umfasst, über die hinweg Anleger ihr Ziel im Auge behalten sollten. In diesem Sinne ist aber nicht nur der Markt als Ganzes eine Reise, sondern auch die ewige Währung Gold. Seit mindestens fünf Jahrtausenden erachten Menschen das Edelmetall als etwas Wertvolles, doch seine Geschichte als Anlageklasse für jedermann ist weitaus jünger.

Die Geburtsstunde hierfür war vor 53 Jahren, am 15. August 1971. Vor diesem Tag war das Edelmetall auf die eine oder andere Weise Währung und insofern Staatsangelegenheit. Erst als der damalige US-Präsident Richard Nixon in jenem August die Gold-Dollar-Bindung kappte, war es vorbei mit dem Währungsstatus. Seitdem schwankt der Preis des Edelmetalls frei, und Gold hat eine beachtliche Strecke zurückgelegt – nicht nur preislich, sondern auch in Bezug auf seine Bedeutung.

Sparer können daraus Lehren ziehen, die für ihr Vermögen von großer Bedeutung sind. Denn Gold hat bestimmte Eigenschaften, die sie sich zunutze machen können. Viel spricht zudem dafür, dass die Reise des gelben Metalls als Anlageklasse längst nicht vorbei ist. Jedenfalls muss das vor Kurzem erreichte Preis-Hoch von 2483 Dollar je Unze (31,1 Gramm) niemanden von einem Gold-Engagement abhalten.

Die Deutschen stehen im Ruf, besonders affin für Edelmetall zu sein. Dabei hat die Anlageklasse Gold ein Merkmal, das hiesigen Sparern normalerweise gar nicht gefällt: Es ist als Investment nicht kalkulierbar. Wer heute eine Unze kauft, weiß nie, zu welchem Preis er sie in fünf oder zehn Jahren wieder loswird. Der Goldpreis schwankt ähnlich stark wie der Dax oder andere Börsenindizes. Die historische Analyse zeigt aber, wie attraktiv ein Engagement für Ausdauernde ist: Seit 1971 hat sich Gold rechnerisch um acht Prozent pro Jahr verteuert. Außer Aktien hat keine andere liquide Anlageklasse Anlegern mehr Ertrag beschert. „Die Erfahrung aus 53 Jahren zeigt, dass Gold ein langfristiges Investment darstellt“, sagt Rolf Ehlhardt, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung I.C.M.

Aus Sicht der meisten Profi-Investoren dient das Edelmetall der Risikostreuung, es kann die Volatilität eines Gesamtportfolios senken. Das rührt daher, dass Gold preislich zwar fast so heftig ausschlagen kann wie Aktien, aber ganz anderen Einflussfaktoren unterliegt. „Vor allem in Zeiten großer Unsicherheit, wie in der Finanzkrise oder während der Corona-Pandemie, verteuerte sich der Goldpreis und bot als Depotbeimischung eine gewisse Stabilität bei nachgebenden Aktienkursen“, erklärt Markus Lautenschlager, Portfoliomanager bei BV & P Vermögen.

Wie die Preiskurve zeigt, bewegt sich der Goldpreis in großen Zyklen. Auf den steilen Anstieg der 1970er-Jahre folgte von etwa 1980 an eine rund 20-jährige Gold-Depression. Seit der Jahrtausendwende zeigt der Trend wieder nach oben. Im aktuellen Großzyklus scheint noch einige Luft für einen Anstieg zu sein, obwohl die treibenden Kräfte diesmal andere sind als in den 70ern. Um zu verstehen, was die momentane Rally antreibt, hilft ebenfalls ein Blick in die Vergangenheit.

Jahrzehntelang wurde der Goldmarkt vom „offiziellen Sektor“ dominiert, also von den Notenbanken. Seit 1933 war US-Bürgern sogar der private Goldbesitz verboten. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das sogenannte Bretton-Woods-System gegründet, das alle westlichen Währungen an den Dollar band, der seinerseits mit Gold unterlegt war. Lediglich Notenbanken wie die Bank of England, die Banque de France oder später die Bundesbank durften Dollar bei der US-Notenbank gegen das Edelmetall eintauschen, und zwar in einem festen Verhältnis. Zuletzt waren das 35 Dollar für eine Unze.

Mit der Abschaffung der Gold-Dollar-Bindung 1971 endete diese Praxis. Es bildete sich ein internationaler Goldmarkt, auf dem neben der Schmuckindustrie mehr und mehr private Investoren und Spekulanten den Preis bestimmten. „Nach der Entkopplung vom Goldstandard durch Nixon konnte sich der Goldpreis wieder frei am Markt bilden“, sagt Nicolas Pilz, Portfoliomanager bei der Societas Vermögensverwaltung. Dessen ungeachtet hielten die westlichen Notenbanken weiter Tausende Tonnen des Edelmetalls – gewissermaßen als Reminiszenz an das Bretton-Woods-System.

Als der Goldpreis dann wie entfesselt nach oben ging, lag das an der Instabilität jener Jahre: Die stotternde Konjunktur, hohe Inflationsraten und eine massive Neuverschuldung ließen Sparer Zuflucht in einer Anlageklasse suchen, die das alles nicht tangierte. Das Metall verteuerte sich binnen einer Dekade auf gut das Zwanzigfache. Als es den USA und den westeuropäischen Staaten in den 1980er-Jahren gelang, die Lohn-Preis-Spirale – also das gegenseitige Hochschaukeln von Preisen und Löhnen – zu durchbrechen, schien das Edelmetall jedoch nach und nach überflüssig zu werden.

Während der 80er- und 90er-Jahre erfuhr Gold als Investment keine große Aufmerksamkeit, zumal Staatsanleihen Sparer mit hohen Zinsen bei moderater Inflation lockten. Nur kurz durch geopolitische Schocks wie den ersten Golfkrieg 1991 belebt, dümpelte die Nachfrage vor sich hin und der Preis rutschte ab: von mehr als 800 Dollar auf weniger als 300 Dollar zur Jahrtausendwende. Viele Geldhäuser stellten ihren Edelmetallhandel ein. Ende der 1990er gingen wichtige westliche Notenbanken wie die Bank of England und die Schweizerische Nationalbank sogar dazu über, große Teile ihrer Reserven zu verkaufen. Unter den Währungshütern hatte sich die Einschätzung verbreitet, dass der Wertanker Gold nicht länger erforderlich sei. Dies markierte den Tiefpunkt des Preises, schon kurz darauf sollten sich die Prämissen als falsch herausstellen.

Seit der Jahrtausendwende hat Gold nämlich eine bemerkenswerte Renaissance erfahren. Der 11. September 2001 und seine Folgen machten deutlich, dass das neue Jahrhundert keineswegs so stabil und friedlich ablief wie erwartet. Vielleicht noch wichtiger aber war die Finanzkrise von 2008, die die Anfälligkeiten des Finanzsystems offenlegte. Das hielt Investoren an, einen Teil ihres Vermögens mit Gold gegen Extremrisiken abzusichern.

Die Rekordjagd der vergangenen Jahre hat noch einen weiteren Antreiber: Seit 2010 kaufen Notenbanken erstmals wieder mehr Gold als sie abstoßen. In den vergangenen beiden Jahren waren es netto jeweils mehr als 1000 Tonnen und damit gut ein Viertel der Minen-Produktion. Diese Nettokäufe des „offiziellen Sektors“ sind inzwischen der bestimmende Faktor für den Preis. Anders als während der Bretton-Woods-Ära sind es vor allem nichtwestliche Notenbanken, die ihre Bestände aufstocken, darunter Russland, China, Indien und die Türkei. Mit Gold wollen diese ihre Reserven diversifizieren und sich von der Leitwährung Dollar unabhängig machen, schon allein wegen der gigantischen Verschuldung der USA.

„Gold hat sich als gute Absicherung bewährt und stellt gerade vor dem Hintergrund einer weiter steigenden Verschuldung ein hartes Asset ohne Gegenpartei-Risiko dar“, erklärt David Bienbeck, Vorstand der Albrech & Cie. Vermögensverwaltung. Eine Wiederholung der Goldpreis-Stagnation der 1980er- und 1990er-Jahre hält er für unwahrscheinlich. Zu groß sei die Gefahr künftiger geopolitischer Krisen, die Gold als Absicherung der letzten Instanz attraktiv erscheinen lässt. Die Rekordverschuldung vieler Staaten berge das Risiko finanzieller Verwerfungen. Das Edelmetall kennt kein Emittenten-Risiko, wie das bei Dollar- und Euro-Anleihen der Fall ist. Gold kann nicht pleitegehen. Und als physisches Objekt kann es – anders als Bankeinlagen – auch nicht einfach konfisziert werden.

Stocken die Notenbanken ihre Goldbestände in hohem Tempo weiter auf – worauf die Zahlen für die erste Jahreshälfte 2024 hindeuten – sind weitere Höchststände daher nur eine Frage der Zeit. Entwickelt sich der Megazyklus ähnlich kräftig wie in den 70ern, wäre ein Unzenpreis von 10.000 Dollar im Bereich des Möglichen. Das wäre eine Reise in ganz neue Dimensionen.

BANSBACH kommentiert

Es ist 11:30 Uhr, Mitteleuropäische Zeit, und in verschiedenen großen Banken arbeiten die Computer. Dazu gehören die Bank of China, Goldman Sachs International, JP Morgan Chase oder Koch Supply and Trading LP. Und weitere. Es geht darum, den Goldpreis festzulegen. Keine unwichtige Sache.
Zunächst wird der Eröffnungspreis genannt. Er ist die Grundlage für das darauffolgende Handeln, das so lange läuft, bis Angebot und Nachfrage des Edelmetalls ausgeglichen sind. Um 16:30 Uhr MEZ wird der Goldpreis so erneut „gefixt“. Üblicherweise dauert diese Praxis nicht länger als 20 Minuten.

Beeinflusst wird der Goldpreis durch verschiedenste Faktoren. Wichtig dabei sind vor allem nationale Zinsraten, wie die der US-Zentralbank. Steigen die Zinsen, fällt der Goldpreis. Auch Krisenzeiten befeuern den Goldpreis: Gibt es internationale Spannungen, wird das Edelmetall gekauft, immerhin gilt es als krisensichere Kapitalanlage, die auch während Tumulten stabil bleibt. Dazu kommen Angebot und Nachfrage, denn Gold ist, wie im Artikel bereits erwähnt, ein Rohstoff. Schwankt die Goldproduktion, schwankt entsprechend der Goldpreis.

Von etwa 250 auf gut 1850 Euro ist der Goldpreis in den letzten 30 Jahren gestiegen. Da könnte man meinen, dass Gold eine felsenfeste Geldanlage ist. Vergessen werden darf dabei nicht, dass das Gold auf diesem Weg nach oben auch so einige Täler gesehen hat.

Offen bleibt die Frage, ob Gold wirklich eine „gute“ Anlage ist. Diese Frage lässt sich – wie zu fast allen Geldanlagen – mit einem Jein beantworten. Gold bietet Vorteile (wie jene Krisensicherheit und dass es eine endliche Ressource ist), aber auch Nachteile (Gold lässt sich nicht günstig in kleinen Mengen kaufen oder physisch sicher und gut aufbewahren). Vor allem als Privatanleger sollten nur einen Teil ihres Vermögens in Gold investieren und das Edelmetall vor allem als Möglichkeit zur Diversifizierung nutzen.

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