Vermögen der Deutschen wächst wieder

Mit einem Kommentar von

Tobias Geiler

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Certified Public Accountant

Bundesbürger entdecken Fonds, Aktien und Anleihen für die Geldanlage. Doch die USA ziehen Europa beim Wohlstand davon.

Heimat ist kein Begriff, der sich nur auf das räumliche Zuhause bezieht. Menschen verorten sich auch über Werte und Ideen. Ein Teil des Heimatgefühls der Deutschen besteht darin, dass sie sich für eine reiche Industrienation halten. Der Erfolg deutscher Produkte auf den Weltmärkten bestätigte diese Art von Verortung. In der Krise, die das Land derzeit erlebt, wird auch dieses Heimatgefühl erschüttert.

Denn auf dem Gebiet der Finanzen können die Bundesbürger nicht mehr mit anderen Industrienationen mithalten. Was das private Geldvermögen anbelangt, finden sich die Deutschen auf Platz 18 der Rangliste, die der Versicherungskonzern Allianz in seinem aktuellen „Global Wealth Report“ vorstellt.

Das Unternehmen erstellt den Report nunmehr seit Anfang des Jahrhunderts, wodurch sich auch die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte nachvollziehen lässt. Den Allianz-Ökonomen zufolge besitzt ein durchschnittlicher Bundesbürger rund 69.100 Euro Geldvermögen, also Bankeinlagen, Sparbriefe, Versicherungspolicen, Investmentfonds, Aktien und Anleihen. Immobilien und Sachwerte werden, wie der Name sagt, nicht zum Geldvermögen gerechnet. Die Allianz-Daten beziehen sich auf das Jahr 2023 und verstehen sich als Netto-Werte, also abzüglich der Schulden.

Mit einem Pro-Kopf-Vermögen von 69.100 Euro liegt Deutschland hinter seinen westlichen Nachbarländern, in Frankreich sind es zum Beispiel 72.400 Euro, in Dänemark 172.200 Euro und in der Schweiz sogar 255.400 Euro. Der durchschnittliche Eidgenosse ist also mehr als 3,5-mal so reich wie der durchschnittliche Bundesbürger. Nur ist es teilweise schwierig, die Länder miteinander zu vergleichen, da die private Vorsorge hier eine geringe, dort eine große Rolle spielt.

So werden die Schweizer zum Beispiel dazu ermutigt, eigenständig Vermögen für den Ruhestand aufzubauen, während sich die Deutschen auf die gesetzliche Rente verlassen – oder zumindest bis vor einigen Jahren verließen. Der Hauptgrund für den Rückstand ist jedoch, dass Sparen für den durchschnittlichen bundesdeutschen Haushalt bis vor Kurzem gleichbedeutend war mit Geld auf die Bank bringen.

Noch im vergangenen Jahrzehnt war es hierzulande üblich, dass die Hälfte des Ersparten auf dem Girokonto, dem Sparbuch oder allenfalls auf dem Tagesgeldkonto landete. Höhere rentierliche Anlageformen wie Aktien, Anleihen oder Investmentfonds waren nur zeitweise in Mode. Allerdings zeigt der „Global Wealth Report“, dass in den letzten Jahren etwas in Bewegung gekommen ist.

Tatsächlich findet Vermögensbildung in Deutschland seit der Pandemie so stark über den Kapitalmarkt statt wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Von 2023 gesparten (also nicht konsumierten) 262 Milliarden Euro blieben zwar immer noch 92 Milliarden Euro dauerhaft auf dem Bankkonto, der Anteil der Einlagen an den Ersparnissen sank damit jedoch auf 35 Prozent. Das war einer der niedrigsten Werte, den die Ökonomen überhaupt je gemessen haben.

Dazugewinnen konnten dafür Aktien, Anleihen und Investmentfonds, die jetzt einen höheren Anteil an der Vermögensbildung ausmachen.„Zum ersten Mal seit der globalen Finanzkrise waren Wertpapiere bei den Sparern in Deutschland beliebter als Bankeinlagen“, sagt Allianz-Ökonom Arne Holzhausen, wobei 2023 vor allem das Jahr der Anleihen war. In jenem Jahr konnten Sparer auch mit Bundespapieren und anderen sicheren Festverzinslichen wieder Renditen von drei Prozent und mehr einstreichen.

Die Renditen, die mit Wertpapieren zu erzielen waren, führten zusammen mit dem neu Ersparten dazu, dass das Geldvermögen der Deutschland 2023 um 9,2 Prozent stieg. Dieses beeindruckende Plus ist jedoch zum Teil einer Gegenbewegung zum Jahr 2022 geschuldet, als Russland das Nachbarland Ukraine überfiel und eine globale Energiekrise auslöste. Und schon zuvor waren die Vermögen wegen der Folgen der Pandemie unter Druck gekommen. Beide Schocks, Corona und Energiekrise traten die größte Inflationswelle seit den 1970er-Jahren los.

So räumen die Allianz-Ökonomen denn auch, dass das Bild in realer Betrachtung, also nach Abzug des Kaufkraftverlusts weniger rosig aussieht: „Im Vergleich zum Niveau von 2019. vor der Pandemie, lag die Kaufkraft des Geldvermögens Ende 2023 immer noch niedriger“, sagt Holzhausen. So gesehen liegen vier verlorene Jahre hinter den deutschen Sparern.

Immerhin ist zumindest der kurzfristige Ausblick positiv. So hat sich die meisten westlichen Börsen in den ersten neun Monaten des Jahres schon positiv entwickelt, der Deutsche Aktienindex Dax etwas steht rund 13 Prozent im Plus, der amerikanische S&P500 in Euro gerechnet gut 20 Prozent. Da heute mehr Bundesbürger über Investmentfonds an den Kapitalmärkten partizipieren, dürfte sich das positiv auch auf die Vermögensbilanz auswirken. Das Gleiche gilt für die höheren Renditen am Rentenmarkt. Auf mittlere Sicht erwarten die Allianz-Ökonomen ohnehin geringere Wachstumsraten. Nicht zuletzt die „Transformationskosten“, also die Kosten einer Umstellung auf CO₂-neutrale Produktion, werden ihrer Einschätzung nach die Kapitalmarktrenditen sinken lassen.

Eine weitere unbequeme Wahrheit: In anderen europäischen Nationen mag das durchschnittliche Geldvermögen etwas höher sein als in Deutschland, viele Länder der Alten Welt leiden jedoch unter ähnlichen Problemen. So ist das britische Netto-Geldvermögen pro Kopf mit umgerechnet 80.100 Euro gut 10.000 Euro höher als das deutsche, allerdings zeigt auch die dortige Vermögensentwicklung seit geraumer Zeit keine Dynamik mehr. Ein ähnliches Bild in Frankreich oder Italien.

Ganz anders die Vereinigten Staaten. In der weltgrößten Wirtschaftsmacht hat sich das Pro-Kopf-Finanzvermögen in den zurückliegenden 20 Jahren verdreifacht, auf zuletzt 260.300 Euro. Damit ist der Durchschnitts-Amerikaner jetzt sogar wieder reicher als der Durchschnitts-Schweizer. Im Jahr 2022 war es noch umgekehrt gewesen.

Die Unterschiede werden umso eklatanter, schaut man sich den globalen Wohlstandskuchen an. Die USA konnten ihren Anteil in den vergangenen zwei Jahrzehnten ungefähr halten, bei knapp unter 50 Prozent. Der westeuropäische Anteil am globalen Wohlstandskuchen ist dagegen von 29 auf 19 Prozent zusammengeschrumpft, größter Gewinner im 20-Jahres-Vergleich ist die Volksrepublik China.

Neben Westeuropa gibt es noch eine weitere Wirtschaftsmacht, die sich im Abstieg befindet: Japan. Zur Jahrtausendwende noch Nummer zwei der Weltwirtschaft hinter den USA ist die Inselnation inzwischen hinter China und zuletzt sogar hinter Deutschland zurückgefallen.

BANSBACH kommentiert

Die Deutschen werden ihrem Ruf als Sparer nur noch teilweise gerecht, wenn es nach dem Global Wealth Report der Allianz geht. Ihr Geld landet nur noch zu 35 Prozent bei der Bank. Aktien, Anleihen, Investmentfonds hingegen machen jetzt einen höheren Anteil an der Vermögensbildung aus. So konnten Sparer 2023 mit Bundespapieren und anderen festverzinslichen Papieren mit Renditen von drei Prozent und mehr rechnen.

Zunächst ist es ein schönes Studienergebnis, dass deutsche Anleger am Aktienmarkt erfolgreich sind, doch jeder weiß – spätestens seit der globalen Finanzkrise 2009 – dass Aktienmärkte mehr oder weniger gut kalkulierbaren Hochs und Tiefs unterliegen. Und das relativiert die positive Nachricht.

Doch in wen oder was investiert Deutschland gern? Laut dem Portal finanztrends.de gehören die Aktien von Rheinmetall, Volkswagen und SAP zu den Lieblingen am Markt. Dazu lässt sich sagen: Rheinmetall wird als Unternehmen der Rüstungsindustrie aus gegebenem Anlass weiterhin große schwarze Zahlen schreiben; doch Volkswagen befindet sich derzeit in einer Krise und beschert Anlegern weniger Gewinne. Eher zurücklehnen können sich jene, die in Deutsche Bundesanleihen investieren, da diese als sichere Anlagemöglichkeiten gelten. Zu den beliebtesten Investmentfonds gehören solche, die zum Beispiel global diversifiziert sind oder die in verschiedene internationale Unternehmen investieren.

Ein Trend am Börsenmarkt sind grüne Investments. Und das hat folgenden Hintergrund: Kritiker des Börsengeschehens rufen Anleger zu mehr Haltung auf. Soll heißen: In Öl, Konflikte und Gas zu investieren, ist gesellschaftlich gesehen und mit Blick auf den Schutz der Erde eher zweifelhaft. Grüne Investments sind dagegen gut für die Umwelt und können langfristig profitabel sein. Wer wissen will, wie die Anlagemöglichkeiten gestrickt sind, beschäftigt sich mit den bekanntesten Fonds, ETFs und Aktien.

Der Fonds „Ökoworld Ökovision Classic“ setzt auf Unternehmen mit nachhaltigem Kerngeschäft, wie zum Beispiel Windenergie. „Pictet – Water“ hat sich auf Wasserressourcen und -management spezialisiert. Wer sicher sein möchte, dass er sein Geld nicht in Konflikte investiert, der ist beim „BNP Paribas Easy MSCI EMU ex Controversial Weapons UCITS ETF“ gut aufgehoben. Dieser ETF schließt Unternehmen aus, die an der Entwicklung von umstrittenen Waffen beteiligt sind. Bei den Aktien kann beispielsweise an Adidas gedacht werden, da der Konzern nachhaltige Materialien einsetzt und auf nachhaltige Prozesse achtet.

Die Suche nach grünen Investmentoptionen wird von diversen Anbietern inzwischen erleichtert. Das Portal Finanztip bietet als Plattform umfassende Informationen und Vergleiche zu nachhaltigen Geldanlagen, einschließlich ETFs und Fonds. Die Website klimaVest dreht sich rund um nachhaltige Investmentfonds. Und VisualVest ist ein Robo-Advisor, der für nachhaltige Geldanlagen bekannt ist und Anlegern hilft, ihr Portfolio zu diversifizieren.

Fazit: Am Aktienmarkt Gewinne zu akkumulieren, ist angesichts der niedrigen Zinsen für Banksparer gut und opportun, doch sollte dies nicht auf Kosten von Umwelt und Mensch geschehen. Da Nachhaltigkeit in der Wirtschaft ein Dauerthema ist und immer weitere, tolle Lösungen in Unternehmen entstehen, ist künftig eher mit einer Ausweitung grüner Anlagemöglichkeiten zu rechnen.

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