Weiterer Dämpfer: Die Wirtschaft wird sich viel langsamer erholen als angenommen. 2021 soll sie in der EU um lediglich 4,1 Prozent wachsen; noch im Sommer waren die Prognostiker von 5,8 Prozent ausgegangen – eine Revision um beinahe ein Drittel. Im Jahr 2022 sollen es dann 3,0 Prozent sein. Auch in der Euro-Zone soll das Plus im kommenden Jahr mit 4,2 Prozent rund ein Drittel niedriger ausfallen.
“Die zweite Welle sorgt für noch mehr Unsicherheit und zerstört unsere Hoffnungen auf eine schnelle Erholung”,
warnt Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission.
Inzwischen wird auch noch deutlicher, dass die europäischen Volkswirtschaften in der Corona-Krise auseinanderdriften. Die deutsche Wirtschaft scheint demnach besser durch die Pandemie zu kommen als erwartet: Sie soll in diesem Jahr nur um 5,6 Prozent schrumpfen anstatt, wie noch im Mai vorhergesagt, um 6,5 Prozent. Der deutsche Wirtschaftseinbruch wäre damit innerhalb der Euro-Zone vergleichsweise milde. Schlusslicht Spanien muss mit einem Minus von 12,4 Prozent rechnen.
Das zeigt sich auch an den Staatsfinanzen: Zwar müssen alle EU-Staaten neue Schulden machen, um ihre Corona-Hilfen zu finanzieren. Bei Deutschland entsprechen die neuen Schulden zwar immerhin sechs Prozent der Wirtschaftsleistung – was im europäischen Vergleich aber ein geringer Wert ist. In der Euro-Zone ist er nur in Estland und Luxemburg kleiner. In Spanien sind es hingegen 12,2 Prozent, in Belgien 11,2 Prozent, auch Frankreich und Italien haben ähnlich hohe Werte.
Dieses Auseinanderdriften der Volkswirtschaften hatte sich bereits im Frühjahr angekündigt und die EU-Staaten bewogen, den 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbauplan aufzulegen, um die besonders betroffenen Länder zu unterstützen. Wegen langwieriger Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten, die von der deutschen Ratspräsidentschaft vertreten werden, hat sich der Plan, der Teil des kommenden EU-Siebenjahreshaushalts sein wird, allerdings bereits verzögert. Anfang 2021 – wie ursprünglich geplant – wird er wohl nicht in Kraft treten.
Am Donnerstag gab es allerdings einen entscheidenden Durchbruch: Beide Seiten haben sich darauf geeinigt, dass künftig EU-Gelder gekürzt werden können, wenn Mitgliedstaaten gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen und dadurch EU-Gelder gefährdet sind – bisher ein Novum. Kommenden Montag verhandeln Parlament und Mitgliedstaaten weiter über zusätzliches Geld für den Haushalt. Auch bei dieser Streitfrage scheint eine Einigung wahrscheinlich. Anschließend müssen die nationalen Parlamente den Vorschlag der EU-Kommission noch genehmigen, in großem Umfang Schulden für die Finanzierung des Wiederaufbaufonds zu machen.