Kein Platz an der Sonne

With a commentary by

Julia Müller-Rombach

Steuerberaterin

In Mietshäusern sind Fotovoltaikanlagen nur schwer zu betreiben. Doch ein Durchbruch könnte bevorstehen, dank eines neuen Modells.

Hunderttausende Haus- und Wohnungsbesitzer haben in den vergangenen drei Jahren eine Fotovoltaik-Anlage installiert. Allein im vergangenen Jahr kamen noch einmal 16,2 Gigawatt Sonnenstrom-Leistung hinzu, zwei Drittel davon entstand auf Hausdächern und an Fassaden. Mehr als 4,75 Millionen Solaranlagen sind in Betrieb: Die in der Sonne glänzenden Panele bestimmen inzwischen das Bild in vielen Vororten Deutschlands.

Doch eine Gebäudeart fällt beim Solar-Ausbau zurück: Auf vielen Mehrfamilienhäusern in der Stadt wäre eigentlich Platz. Die Bewohner, Mieter und Wohnungseigentümer, profitieren aber nicht von den finanziellen Vorteilen, die eine gut ausgerichtete Solaranlage bieten kann – steuerfreier Kauf und Installation, Einspeisevergütung und nicht zuletzt eingesparte Kosten für teuren Strom aus dem Netz. Stattdessen sind bisher fast ausschließlich Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern die Nutznießer des selbst gemachten Stroms.

Thomas Rolf Hermes kennt den Grund dafür. „Es ist nach wie vor sehr aufwendig und in steuerlicher Hinsicht riskant“, sagt der Geschäftsführer der Hamburger Hausverwaltung Frank Immobilien, die rund 21.000 Wohneinheiten betreut, 5000 davon in Eigentümergemeinschaften. Doch nur fünf davon hätten eine Fotovoltaik-Anlage.

Der Strom vom Dach muss fair verteilt werden, der Datenschutz ist streng, und ständig droht Gefahr, dass unerwartet hohe Steuern anfallen. Denn wer vermietet und gleichzeitig Strom produziert, dem droht die in der Branche gefürchtete „Gewerbesteuerinfektion“. Das betrifft vor allem jene der rund neun Millionen Wohnungseigentümer, die ihre Wohnung vermieten. Doch auch professionelle Wohnungsunternehmen scheuen davor zurück, Sonnenstrom zu produzieren und im Haus zu verteilen. Dabei wünschen sich laut einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Umfrage des Bundesverbands Solarwirtschaft fast 60 Prozent der Mieter eigenen Solarstrom.

Eigentlich sollte eine Gesetzesänderung für Erleichterung sorgen. Das vor gut einem Jahr verabschiedete Wachstumschancengesetz beinhaltete ein „Solarpaket“ mit Erleichterungen für den Fotovoltaik-Ausbau. An der Steuer-„Infektionsgefahr“ änderte das jedoch wenig, außerdem fehlen in vielen Gebäuden die für neue Betreibermodelle nötigen Messeinrichtungen. Dennoch könnte es sich für Eigentümergemeinschaften und Genossenschaften gerade in diesem Jahr lohnen, sich noch einmal mit der Anschaffung einer PV-Anlage zu beschäftigen: Neue Regeln für Smart Meter könnten dem Solarstrom im Mehrfamilienhaus zum Durchbruch verhelfen.

Für Häuser, in denen mindestens eine Wohnung vermietet wird, sind zwei Betreibermodelle zu unterscheiden: das Mieterstrom-Modell und die mit dem Solarpaket eingeführte „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“. In kleineren Wohnhäusern, in denen ausschließlich die Eigentümer selbst wohnen und nicht vermieten, gibt es auch einfachere Selbstversorgermodelle, bei denen man sich auf alles individuell einigt.

Mieterstrom: einfach, aber dafür teuer

Hier wird der Vermieter gleichzeitig zum Strom-Vollanbieter, schließt mit den Mietern einen Stromvertrag ab und garantiert die Lieferung von selbst erzeugtem Strom und Netzstrom. Auch ein Blockheizkraftwerk wäre in dieser Variante möglich. Der Preis für den hauseigenen Solarstrom darf höchstens 90 Prozent des lokalen Grundversorgertarifs betragen.

Dabei gibt es gleich mehrere Herausforderungen. Bisher musste häufig ein aufwendiges Zählersystem installiert werden, mit sogenannten Wandlermessschränken: Diese Extra-Zähleranlagen kosten zwischen 8000 und 10.000 Euro und sind somit für kleinere Mietshäuser komplett unwirtschaftlich. Seit 2023 gibt es als Alternative den sogenannten virtuellen Summenzähler, der digital ausrechnet, was wann verbraucht wurde. Doch auch dieses Summenzähler-Modell wartet noch auf den Durchbruch, denn Voraussetzung dafür sind Smart Meter, also intelligente Stromzähler für alle Haushalte im Gebäude. Und die Versorger vor Ort, die meistens auch der Messstellenbetreiber sind, sind mit der Installation der Geräte offenbar überfordert, denn erst fünf Prozent aller Haushalte in Deutschland haben bisher ein Smart Meter.

Immerhin gibt es inzwischen spezialisierte Dienstleister, die fertige Mieterstrom-Modelle anbieten – Namen wie Metergrid, Node Energy oder Quartierkraft sind online zu finden. Vermieter bekommen zurzeit auch noch einen Mieterstrom-Zuschlag, laut Bundesnetzagentur aktuell 2,59 Cent pro Kilowattstunde (kWh) bei Anlagen bis zehn Kilowatt Leistung, 2,41 Cent bei Anlagen bis 40 KW und für alles darüber gibt es 1,62 Cent. Das soll einen kleinen Ausgleich darstellen für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

Doch das reichte bislang nicht aus, um den größten drohenden Nachteil beim Mieterstrom wettzumachen und Vermieter vom Mitmachen zu überzeugen: Der an die Mieter verkaufte Strom gilt steuerlich als Einnahme in Zusammenhang mit der Vermietung. Hat der Stromverkauf nun einen Anteil von mehr als 10 Prozent an allen Einnahmen pro Wohneinheit, entfällt das Gewerbesteuerprivileg für Vermietung und Verpachtung – und plötzlich sind alle Einnahmen gewerbesteuerpflichtig, also auch die Miete.

Für Profi-Verwalter Hermes eine unverständliche Regelung: „Einnahmen aus Miete und Stromverkauf sind eigentlich zwei unterschiedliche Dinge, so ganz ist also nicht nachvollziehbar, dass allein der Strom-Anteil eine Steuerpflicht auch für die Miete mit auslösen kann“, sagt er. Nach seiner Vermutung steckt dahinter eine Grundsatzüberlegung: Sobald in größerem Stil Strom in einer Immobilie produziert und verkauft wird, nehmen Staat beziehungsweise Versorger vor Ort weniger Steuern und Gebühren ein – bei eigentlich wachsenden Ausgaben was Ausbau und Instandhaltung angeht.

Unter dem Strich jedoch führt das alles dazu, dass kaum jemand auf eigene Faust Fotovoltaik-Anlagen betreibt. „Wir bevorzugen Mieterstrom-Rundumanbieter, die das Dach pachten. Der Ertrag liegt dann in der Regel bei drei bis acht Prozent des Jahresertrags und der Betrieb der Anlage wird professionell abgewickelt“, sagt Hermes. Nachteil: Viele finanzielle Vorteile, Gewinne aus der Einspeisevergütung etwa, gehen damit verloren.

Gebäudeversorgung: individuell, aber aufwendig

Dieses mit dem Solarpaket 2024 eingeführte Betreibermodell „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ (GGV) sollte eigentlich alles einfacher machen, wird jedoch ebenfalls nur selten genutzt. Hauptunterschiede zum Mieterstrom: Der Hauseigentümer beziehungsweise Anlagenbetreiber verkauft nur die selbst produzierte Energie, die Mieter beziehungsweise andere Miteigentümer schließen selbstständig Stromverträge für den weiterhin benötigten Netzstrom ab. Es gibt keinen Mieterstromzuschlag, dafür aber auch etwas weniger Aufwand in der Abrechnung. Voraussetzung – und hier hakt es an der gleichen Stelle wie beim Mieterstrom — sind Smart Meter. Und auch bei der GGV droht die von Experte Hermes kritisierte Gewerbesteuer-Gefahr.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät dennoch zu dem neuen einfacheren Modell: „Zur Umsetzung müssen sich Gebäudeeigentümer die Hilfe von einem Dienstleister holen“, so die Verbraucherschützer. „Dieser unterstützt bei Vertragserstellung, übernimmt die energiewirtschaftliche Kommunikation und könnte auch der Messstellenbetreiber sein.“

Ein Nachteil: Mieter sind nicht verpflichtet mitzumachen und den Solarstrom abzunehmen. Es besteht also viel Redebedarf, und dabei könnte helfen, sich für einen der möglichen Aufteilungsschlüssel zu entscheiden. Bei einem statischen Aufteilungsschlüssel wird der günstige Solarstrom nach festen Anteilen abgerechnet. Bei dynamischer Aufteilung dagegen wird 15-Minuten-genau der tatsächlich verbrauchte Solarstrom zugeteilt. Mieter, die also genau dann Strom verbrauchen, etwa für die Waschmaschine, wenn die Sonne scheint, hätten einen echten finanziellen Vorteil. Doch das alles reicht aus Sicht von Vermietern und Verwaltern nicht aus, um den zusätzlichen Aufwand für ein eigenes Betreibermodell wettzumachen. „Wir raten Eigentümern von selbst organisierten PV-Betreibermodellen ab aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen ab“, sagt Hermes.

Auch in der Wohnungswirtschaft herrscht Ernüchterung: „Aus Rückmeldungen von unseren Unternehmen wissen wir, dass das Interesse an dem Konzept sehr groß ist“, sagt Michel Böhm, Energie- und Technikexperte beim Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW. In dem Verband sind auch viele Genossenschaften vertreten, für die eigener Strom besonders interessant sein könnte. „Stellenweise sind aber die Verteilnetzbetreiber und Messstellenbetreiber noch nicht so weit, dass sie ihre Prozesse dahin gehend angepasst haben, dass sie den Unternehmen das Konzept anbieten können“, schränkt Böhm ein.

Eigentümergemeinschaften können für sich die Sache beschleunigen: Wird eine Fotovoltaikanlage mit mehr als sieben Kilowatt Leistung installiert, ist der Versorger seit Anfang 2025 zum Smart-Meter-Einbau sofort verpflichtet. Und die Wohnungs-Zähler können die Eigentümer freiwillig anschaffen, quasi als Investition in die Energieeffizienz der Immobilie.

BANSBACH kommentiert

Zwei Modelle – viel Bürokratie. Sei es der Mieterstrom oder die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung: Beide Modelle bringen für alle Beteiligten enormen Verwaltungsaufwand mit sich.

Nehmen wir die dynamische Aufteilung bei der Gebäudeversorgung als Beispiel: Die genaue Abrechnung in 15-Minuten-Schritten benötigt eine individuelle Berechnungsformel pro Abnehmer, die vom zuständigen Messstellenbetreiber erstellt werden muss. Klingt kompliziert – ist es auch.

Und das ist nur ein Teil des Puzzles aus Problematiken. Selbst eine vermeintlich einfache Aufgabe wie die Netzkommunikation stellt eine Hürde dar – denn die Schnittstellen, über die PV-Betreiber mit Netzbetreibern kommunizieren, sind nicht einheitlich geregelt. Mit hauseigenen Standards sorgen Netzbetreiber also für die Verlängerung der Umsetzung von Projekten.

Die Komplexität der Einrichtung von Mieterstrom oder Gebäudeversorgung bringt viele Akteure zusammen: Installateure, Messstellenbetreiber, Softwareanbieter und nicht zuletzt Vermieter und Mieter. Verständlicherweise wollen diese Parteien die eigenen wirtschaftlichen Vorteile und staatlichen Förderungen innerhalb eines solchen Vorhabens maximieren. Und auch das zieht Projekte in die Länge und verursacht Kosten.

Betrachtet man die Variablen, scheint eine Abwicklung durch nur einen der teilnehmenden Akteure schier unmöglich. Hier kommen Dienstleister, die vollständige Mieterstrom- und Gebäudeversorgungskonzepte anbieten, ins Spiel. Doch Dienstleister bringen, wie im Artikel beschrieben, ihre eigenen Schwierigkeiten mit sich, wie beispielsweise Kosten und ungenutzte Potentiale auf Seiten der Endnutzer bei möglichen Einsparungen und Einnahmen durch die PV-Anlagen. Außerdem nehmen diese Dienstleister sich nicht aller Dachflächen an. Auch sie müssen abwägen, wo sich ein Einsatz lohnt.

Zusammengefasst bröckeln zwei gut gemeinte Ansätze zur einfachen Umsetzung von Solaranlagen auf Mehrparteien-Mietobjekten aufgrund typisch deutscher Tugenden: der Überentwicklung von Methodiken, Bürokratie und komplizierten Steuerpfaden.

Sind der Mieterstrom und die Gebäudeversorgung also bereits gescheitert? Mitnichten. Die Nachfrage nach erneuerbaren Energien für Privathaushalte steigt weiter und das nicht nur aus Gründen gewünschter Nachhaltigkeit. Vor allem die Unabhängig von Stromanbietern ist für viele PV-Besitzer und -Betreiber ein wichtiger Faktor. Beide Modelle bieten enormes Potential in Sachen Effizienz, Nachhaltigkeit und Senkung von Kosten beim Strombeziehenden. Was es nun braucht, ist eine Zusammenarbeit zwischen Dienstleistern und dem Gesetzgeber, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die Mieterstrom und Gebäudeversorgung nicht nur begehrlich, sondern auch machbar werden lassen.

Steuerliche Unterstützung ist schon jetzt nicht weit entfernt. Sie überlegen eine PV-Anlage auf Ihrem Mietobjekt zu installieren und sind sich unsicher, welches Modell für sie das richtige ist und wie die Gewerbesteuerinfektion gelenkt werden kann? Sprechen Sie uns an. Wir finden Ihren Platz an der Sonne.

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