Goldgrube für Investoren

Mit einem Kommentar von

Tobias Geiler

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Certified Public Accountant

Ob Digitalisierung oder KI: Für Unternehmen wird Innovation immer wichtiger. Auch an der Börse. Anleger sollten daher Firmen mit besonders attraktiven Patenten kennen.

In einer Wissensgesellschaft kann die Bedeutung von Patenten für Unternehmen kaum überschätzt werden. Sie sind der Rohstoff, auf dem die künftige Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft fußt – und Basis für Kursgewinne an den Aktienmärkten. Kein Wunder, dass Investmentmanager Börsenfirmen daraufhin abklopfen, wie viele Patente sie anmelden und welchen Wert diese haben.

Der Erfindungsreichtum einer Firma kann sich für Investoren als wahre Goldgrube erweisen. „Wer als Investor ein gutes Maß für die langfristigen Zukunftsaussichten eines Unternehmens sucht, kommt um den Faktor Patente nicht herum“, sagt Andreas Schubert, Portfoliomanager des Fonds Monega Ariad Innovation. Für ihn spielt die Innovationsqualität von Firmen als Auswahlkriterium von Aktien eine große Rolle. „Aus der Patentaktivität geht häufig klarer hervor, welche Geschäftsstrategie langfristig verfolgt wird als aus Statements während Pressekonferenzen oder Hauptversammlungen“, sagt Schubert.

Wie wichtig der Wert immaterieller Vermögensgegenstände ist, zu denen außerdem Markenrechte und Humankapital – also das Wissen und die Erfahrungen der Mitarbeiter – gehören, zeigen diese Zahlen: Im Jahr 2020 basierten bereits 90 Prozent der Marktkapitalisierung der führenden 500 US-Unternehmen auf diesen immateriellen Vermögensgegenständen. Heute kommen Investoren also gar nicht umhin, tiefer in das Thema einzusteigen. Und die Bedeutung von Innovationen wird mit Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI) weiter zunehmen. Glücklicherweise sind Patentdatenbanken öffentlich zugänglich. Die zur Verfügung gestellten Daten sind allerdings mitunter für Laien schwer zu lesen.

Die schiere Zahl von rechtlich geschützten Erfindungen sagt zudem noch nicht so viel darüber aus, wie groß das Innovationspotenzial eines Unternehmens ist. Nur rund ein Fünftel der Patente besitzt einen wirklichen ökonomischen Wert. Für Investoren geht es darum, dieses Fünftel und die daraus resultierenden Wettbewerbsvorteile zu identifizieren. Denn sie schlagen sich in Unternehmensgewinn und Outperformance der Aktien nieder. Die ökonomische Logik dahinter: Eine durch Patentierungen geschützte Technologie bringt der Firma einen Innovationsvorsprung, und daraus erwächst erst der Wettbewerbsvorteil.

Bei kleineren Firmen fällt das stärker ins Gewicht als bei Großkonzernen. „Man sollte die Gesamtzahl der Patente in Relation zur Größe des Unternehmens setzen“, rät Schubert. „100 oder 1000 Patente können für einen Mittelständler eine ganz andere Relevanz haben als für einen Weltkonzern wie Samsung Electronics, der seit 1990 mehr als 560.000 Patentanmeldungen eingereicht hat.“ Er setzt daher mit seinem Fonds auf Nebenwerte in aller Welt, also Aktien kleinerer Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung.

Patente sind auch das Auswahlkriterium des Quant IP Global Patent Leaders. Der Fonds investiert in Firmen mit einem hohen Innovationsgrad. Der Schwerpunkt liegt auf den Sektoren Technologie (Hardware, Software und Chips) sowie Gesundheit (Pharma, Biotech und MedTech). Nicht investiert wird in Branchen ohne oder mit geringer Patentaktivität wie etwa Banken, Versicherungen, Immobilien oder Rohstoffe. Bei der Aktienauswahl orientieren sich die Anlage-Profis zudem strikt an dem von ihnen kreierten „Innovations-Score“. Die Basis für dieses Messsystem sind die Patentdaten, neben der Zahl gehören dazu auch Qualität und Effekt der Erfindungen. Das alles wird ins Verhältnis zur Bewertung einer Aktie gesetzt. Ein hoher Score bedeutet also, dass die Aktie – bezogen auf die Innovationskraft – besonders attraktiv ist.

In dem Fonds finden sich Unternehmen aus aller Welt und unterschiedlicher Größe, die jeweils einen hohen Score haben. Laut Quant IP-Chef Lucas von Reuss sind das etwa die Social-Media-Unternehmen Snap und Meta, der US-Tiergesundheitskonzern Elanco Animal Health oder die japanische Z Holdings, die Gesellschaft hinter „Yahoo! Japan“, dem meistbesuchten Internetportal des Landes. Weitere Firmen aus Japan sind der Elektronikriese Ricoh und der japanische Drucker- und Scanner-Hersteller Seiko Epson. Aus dem Bereich Cybersecurity ist die US-Firma Gen Digital (früher Nortonlifelock) vertreten, bekannt für Antiviren-Anwendungen wie Norton, Avira, Avast, AVG und CCleaner. Das Unternehmen ist aus dem Zusammenschluss verschiedener Cybersecurity-Firmen hervorgegangen. Seine Aktie litt zuletzt jedoch unter einer hohen Schuldenlast.

Das US-Unternehmen Zscaler steht für alles, was mit Informationssicherheit in der Cloud zu tun hat. Die kalifornische Western Digital wiederum ist ein Spezialist für Festplatten und andere Speicher-Lösungen. Die britisch-amerikanische Dolby Lab (bekannt für ihre Soundsysteme) hält zahlreiche Patente im Bereich der Akustik. Streamingdienste bieten Songs in Dolby-Atmo-Qualität an, was einem besonders räumlichen Klangerlebnis gleichkommt. Auch Autohersteller bauen Soundsysteme von Dolby Lab ein. Der Bereich Mobile ist zuletzt um 41 Prozent gewachsen.

Deutsche Werte finden sich in den Top Ten des Fonds nicht. Auf den hinteren Plätzen, also mit weniger Gewichtung, gibt es dann aber doch einige hiesige Unternehmen, zum Beispiel Bayer, VW, BMW, den Werkstoffhersteller Covestro, den Produzenten von Gabelstaplern und Lagertechnik Kion, den Rüstungskonzern Rheinmetall, Henkel, BASF oder das Medizintechnikunternehmen Siemens Healthineers. Auffällig ist der hohe Japan-Anteil im Global Quant IP Fonds. Aktien von dort stehen für ein Fünftel des gesamten Fondsvolumens. Im Industrieländer-Index ist Japan nur mit etwas mehr als sechs Prozent vertreten.

In Schuberts Monega Innovation machen japanische Firmen sogar ein Drittel aus. Ein weiteres Drittel kommt aus den USA, der Rest entfällt auf Europa. Größter Einzelwert ist aktuell das US-Softwareunternehmen Digimarc, das sich auf digitale Echtheitszertifikate spezialisiert hat. Mit diesen „Wasserzeichen des 21. Jahrhunderts“ lässt sich ein Bild, ein Buch, ein Musikstück oder ein sonstiges Kunstwerk als authentisch identifizieren. Der Kurs der Aktie von Digimarc hat sich allein seit Ende April verdoppelt.

Zu den deutschen Firmen mit größerem Gewicht gehören der Autozulieferer Schäffler – aktuell auf Position drei – Jenoptik, der Maschinenbauer für Verpackungs- und Abfülltechnik Krones sowie SMA Solar. Aus dem sonstigen Europa finden sich der britische Spezialchemiekonzern Johnson Matthey, der französische Recyclingspezialist Carbios oder der schwedische Health-Tech-Konzern RaySearch Laboratories. Dieser stellt eine Software zur Krebsstrahlentherapie her. Aus Schweden stammt auch Husqvarna, bekannt für Gartenroboter und andere intelligente Hausgeräte.

Ein hohes Gewicht hat auch der italienische Vespa-Bauer Piaggio, der viele Patente zu Elektromobilität hält. Die Chancen der Italiener würden von vielen Investoren deutlich unterschätzt, findet Fondsprofi Schubert. In den vergangenen beiden Jahren hat die 1884 gegründete Firma ihren Umsatz um jeweils ein Viertel gesteigert. Analysten sehen im Schnitt noch 32 Prozent Kurspotenzial. Die Analysten der Berenberg Bank stellen Anlegern sogar fast 40 Prozent in Aussicht. „Das Unternehmen ist gut positioniert, um ein führender Anbieter von elektrischer urbaner Mobilität zu werden“, schreibt Berenberg-Analystin Anna Frontani. Genau hier dürfte sich die Qualität der Patente auszahlen, denn Piaggio hält auf dem Gebiet mehr als alle anderen Firmen.

Ähnliches gilt für JVC Kenwood, den japanischen Hersteller von Unterhaltungselektronik – auch für Autos – sowie für die Immersion Corporation und Silgan Holdings aus den USA. Immersion ist ein Hersteller von Hard- und Softwarelösungen. Elektronische Geräte, die haptisches Feedback geben, enthalten häufig Bauteile der Firma mit Sitz im kalifornischen San José. Nutzen Firmen solche Funktionen, müssen sie Gebühren an Immersion entrichten. Silgan Holdings besitzt eine Fülle von Patenten im Bereich der Verpackungsherstellung.

Der Innovationsansatz kann sich für Anleger auszahlen. Der Monega-Fonds zum Beispiel hat auf Jahressicht sieben Prozent zugelegt, während der MSCI World nur ein Plus von etwas mehr als einem Prozentpunkt geschafft hat.

BANSBACH kommentiert

In den Pschorr-Hofgebäuden in München sitzt das Europäische Patentamt. Im Jahr 2022 sind dort knapp 200.000 Patentanmeldungen eingegangen, mit einer Steigerung von 2,5 Prozent mehr als 2021. Anmeldungen aus Deutschland sind allerdings um 4,7 Prozent gesunken. Auf die letzten 10 Jahre bedeutet das einen Sturz von 17,9 auf 12,8 Prozent.

Noch liegt Deutschland auf Platz 2, hinter den USA. Auf Platz 3 sitzt Japan und darauf folgt China, das so rasch zulegt, dass es Deutschland innerhalb weniger Jahre ein- und überholen könnte. Auch der weltweit fleißigste Patentanmelder kommt aus Shenzhen in der Volksrepublik: Huawei meldete 2022 satte 4.505 Patente an. Diese hohen Zahlen liegen wohl aber den Mobilfunkpatenten rund um 5G und 6G zugrunde.

Doch was sorgt für den Rückgang der Patente aus dem Land der Dichter und Denker? Derzeit gibt es zwei Bereiche, die sich als besonders große Innovationstreiber darstellen: Energietechnik und – die alte Krux deutscher Lande – die Digitaltechnik.
Erstere sorgt durch Anmeldungen für die Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Strom für eine voranschreitende Energiewende. Doch auch vor allem im Bereich der Batterietechnik hat Deutschland insgesamt einen Anmelderückgang von -3,5 Prozent zu 2021 (im Vergleich zu 2022) zu verzeichnen. Immerhin bleibt Bosch unter den Top 10 im Teilbereich der Batterien.
Ita Rudyk, EPA-Volkswirt, erklärt, dass die digitalen Bereiche bei Patentanmeldungen aus Deutschland keine so große Rolle spielen – und dass die in Deutschland stark ausgeprägten Felder wie Maschinenbau und Fahrzeugtechnik immerhin stagnieren. Da wundert es auch nicht, dass deutsche Unternehmen sich nicht in Fonds wie dem im Artikel beschriebenem Quant IP Global Patent Leaders wiederfinden.

Die starke Veränderung in den Branchen sorgt dafür, dass deutsche Innovationen zurückfallen. Vergessen dürfen wir dabei eines aber nicht: Deutschland ist noch immer der stärkste Patentanmelder in ganz Europa. Nur liegen unsere Stärke eben nicht in den soeben beschriebenen Gebieten.

Ihr Unternehmen ist erfinderisch tätig und reicht ebenfalls Patente ein? Dann kommen Sie gerne auf uns zu – wir unterstützen Sie beim Thema Steuern und Arbeitnehmererfindung, beispielsweise bei der Versteuerung der Erfindervergütung und auch bei der Bewertung von Patenten, z.B. im Rahmen von gruppeninternen Übertragungen.

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