Alles zu Corona
Einen ersten entsprechenden Antrag einer Friseurin hat das LG Heilbronn mit Entscheidung vom 29. April 2020 abgelehnt. Die Entscheidung könnte zur Blaupause für weitere Verfahren zu diesem juristisch umstrittenen Komplex werden.
Es besteht kein Anspruch auf Entschädigungsvorschuss per einstweiliger Verfügung wegen einer durch die Corona-Maßnahmen angeordneten Betriebsschließung eines Frisörsalons. Das hat das Landgericht Heilbronn (LG) entschieden (Urteil vom 29. April 2020, Az.: I 4 O 82/20) und damit – soweit ersichtlich – eine der ersten Entscheidungen zu dieser juristisch umstrittenen Grundsatzfrage getroffen.
Geklagt hatte eine Selbstständige, die einen Friseursalon in Baden-Württemberg betreibt, den sie wegen der Corona-Maßnahmen Ende März 2020 schließen musste. Seit Montag, den 6. Mai 2020, dürfen Friseursalons zwar auch in Baden-Württemberg wieder öffnen, zwischenzeitlich waren aber erhebliche Kosten angefallen, argumentierte die Klägerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes: Miete, Aufwendungen zur sozialen Sicherung und der völlige Verdienstausfall während der Wochen, in denen die Klägerin ihren Salon geschlossen halten musste. Die Salonbetreiberin verlangte daher vom Land Baden-Württemberg Entschädigung und zog vor das LG Heilbronn. Dort wollte sie im Wege einer einstweiligen Verfügung bereits eine Vorschusszahlung in Höhe von 1.000 Euro erstreiten. Das Gesundheitsamt des Landkreises Heilbronn, bei dem die Entschädigungszahlungen für den entstandenen Verdienstausfall geltend gemacht worden war, hatte auf die Forderung nicht reagiert.
Das gerichtliche Vorgehen der Friseurin hatte jedoch keinen Erfolg. Das LG wies den Antrag ab und gab dem Land Baden-Württemberg Recht. Abgesehen davon, dass die Friseursaloninhaberin bereits eine ausreichende Soforthilfe vom Land in Höhe von 9.000 Euro erhalten hatte, sodass eine existenzielle Notlage, die im Eilverfahren hätte nachgewiesen werden müssen, nicht vorlag, besteht auch sonst kein Anspruch auf Entschädigung.
Ansprüche aus § 56 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG), der Existenzbedrohten Entschädigung für Verdienstausfall zuspricht, bestehen nach Ansicht des Gerichts nicht. Zwar gehörten Selbständige wie die klagende Friseursalonbetreiberin zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Anspruchsvoraussetzung ist aber eine Maßnahme nach dem IfSG selbst (§ 56 Abs. 1 IfSG) – und darunter fallen die allgemeinen Betriebsschließungen nach Auffassung des LG nicht. Denn dafür, so das LG, hätte die Schließung beispielsweise wegen Infektion oder drohender Infektion des Inhabers erfolgen müssen, wozu die hier klagende Selbständige nicht zählte. Für eine analoge Anwendung der Norm besteht – so das LG – kein Raum, da keine Regelungslücke durch Rechtsfortbildung zu schließen sei. Durch die Rettungspakete für Selbständige ist nach der Auffassung des Gerichts die Lücke nämlich geschlossen. Ein Anspruch aus § 55 Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG) scheidet nach Auffassung des Gerichts ebenfalls aus, da das IfSG abschließende Regelungen enthält.
In der Literatur wird die vom Gericht vertretene Meinung von vielen Stimmen geteilt. Es finden sich aber auch Gegner dieser Sichtweise, die Entschädigungszahlungen insbesondere aus dem IfSG herleiten wollen. Daher bleibt abzuwarten, wie weitere Gerichtsentscheidungen zu diesem Bereich ausgehen werden. Obwohl die Eilverfahren teilweise zurückgenommen werden, bleiben die Hauptsacheverfahren oft anhängig. Damit wollen sich viele Unternehmen für spätere Schadensersatzklagen positionieren. Es besteht juristische Uneinigkeit darüber, ob ein solches Vorgehen notwendig ist. Dazu lässt auch die Entscheidung des LG Heilbronn keine Tendenz erkennen.