Bei der Grundsteuer wächst das Misstrauen

Mit einem Kommentar von

Gesa Jungblut

Steuerberaterin

Nordrhein-Westfalen will kontrollieren, ob die Kommunen bei steigenden Immobilienpreisen die Hebesätze absenken.

In Nordrhein-Westfalen wächst offenbar die Sorge, dass Immobilieneigentümer von einer unverhältnismäßigen Grundsteuererhöhung betroffen sein könnten. Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) will deshalb nun sichtbar machen, ob die Kommunen in dem Bundesland ihre Einnahmen erhöhen, senken oder gleich lassen. Sämtliche Kommunen sollen am Ende des Prozesses öffentlich vom Finanzministerium über den jeweiligen Hebesatz informiert werden, mit dem sie gleichbleibende Einnahmen hätten, teilte das Finanzministerium in Düsseldorf in dieser Woche mit. So würde der Druck auf die Gemeinden wachsen, diesen Hebesatz auch tatsächlich anzuwenden.

Mit mehr Transparenz bei Hebesätzen und Grundsteuereinnahmen wäre erkennbar, ob sich die Kommunen an das Versprechen von Bund und Ländern bei der Grundsteuerreform halten – nämlich, dass es unter dem Strich keine höheren Einnahmen geben soll und „Aufkommensneutralität“ gewährleistet ist. Zurzeit erhalten viele Eigentümer, die eine Erklärung abgegeben haben, einen Steuerbescheid mit einem neuen Grundsteuerwert. Wegen gestiegener Immobilienpreise fällt dieser oft deutlich höher aus als die bisherigen veralteten Einheitswerte. Wie hoch am Ende dann die neue Grundsteuer für Eigentümer und Mieter ausfällt, hängt im nächsten Schritt davon ab, wie hoch der Grundsteuermessbetrag (in manchen Ländern die Steuermesszahl) und der kommunale Hebesatz ausfallen. Aus diesen drei Faktoren errechnet sich der neue Steuerbetrag.

WELT AM SONNTAG hatte in der vergangenen Ausgabe darüber berichtet, dass der Bund der Steuerzahler wesentlich höhere Grundsteuern befürchtet, wenn die Hebesätze nicht nach unten angepasst werden. Zwar dürfte es innerhalb einer Gemeinde durchaus Verschiebungen geben, da manche Immobilienwerte, etwa in Top-Lagen, wesentlich stärker gestiegen sind als solche am Stadtrand. Auch der Städte- und Gemeindebund NRW hatte erklärt, jeder Eigentümer müsse sich darüber im Klaren sein, dass es zu Verschiebungen kommen werde. Der eine werde mehr, der andere weniger zahlen. Doch insgesamt sollen die Bürger nicht stärker belastet werden, so lautet die Idee.

In vielen Bundesländern fehlen allerdings noch etliche Hunderttausend Steuererklärungen. In Nordrhein-Westfalen wartet man noch auf rund 700.000 Einsendungen, heißt es im Finanzministerium in Düsseldorf. Bisher seien knapp 5,75 Millionen Eingänge bei den Finanzämtern des Landes verzeichnet worden. Das entspreche einer Eingangsquote von 88 Prozent. Abgabeschluss für die Grundsteuererklärung war der 31. Januar 2023. In den meisten Fällen wird zunächst eine Erinnerung an die Steuerbürger verschickt. Manche Finanzämter, auch in Nordrhein-Westfalen, haben allerdings auch schon mit einem Schätzverfahren begonnen: Schicken Immobilieneigentümer nicht von sich aus eine Erklärung, übernimmt das Finanzamt.

Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Es ist eine jährliche Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden, Vermieter können sie über die Nebenkosten auch auf die Mieter umlegen. Die Behörden der Städte hatten die Immobilien-Einheitswerte jahrzehntelang unverändert gelassen, und das Bundesverfassungsgericht hatte sie 2018 zur Reform verpflichtet.

BANSBACH kommentiert

Alle Jahre wieder: Hat die Grundsteuerreform 2022 mit ihrer Umsetzung nicht bereits für ausreichend Aufregung und Verwirrung gesorgt, so kommt sie 2023 noch mit einigen Nachwirkungen daher. Es wundert also nicht, dass sich mit dem Chaos der Grundsteuer das Vertrauen in den Fiskus – sei es auf kommunaler oder bundesweiter Ebene – als nicht besonders stark darstellt.

Lassen Sie uns erneut einen Blick darauf werfen, wie sich die Grundsteuer zusammensetzt und was die Grundlage für die Sorgen der Steuerbürger ist.

Zunächst: Die im Artikel genannte Grundsteuermesszahl für ab 2025 steht bereits fest. Für unbebaute Grundstücke, Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und solche mit sonstiger Bebauung werden 0,34‰ gelten. Für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum 0,31‰ und für forst- und landwirtschaftliche Betriebe 0,55‰.

Fraglich bleibt also nur der anscheinend schwer fassbare Hebesatz. Hier müssen die Worte aus dem Artikel wiederholt werden, wenn auch in anderer Form: Der Hebesatz wird von den Kommunen genutzt, um über die tatsächliche Höhe der Grundsteuer zu bestimmen. Hebesätze werden immer für ein Haushaltsjahr festgesetzt, weswegen sie sich jährlich ändern können. Das steht den Kommunen verfassungsrechtlich zu.

Aber: Die Kommunen sind im Zuge der Grundsteuerreform angehalten, dass sich die Menge der Einnahmen durch die Grundsteuer in ihrer Gesamtheit – und nicht für den einzelnen Immobilienbesitzer – nicht ändern. Dafür werden sie die Hebesätze zu 2025 anpassen müssen.

Was definitiv passieren wird, sind die ebenfalls beschriebenen Verschiebungen in der Höhe der Grundsteuer. Um zu verstehen, warum das unausweichlich ist, müssen wir den Hintergrund der Grundsteuerreform beleuchten. Sie ist in die Wege geleitet worden, um zum einen Missstände zwischen Ost und West zu bereinigen, zum anderen um für Fairness innerhalb der Gemeinden zu sorgen – denn wer in besserer Lage wohnt, soll (und wird) zukünftig mehr Grundsteuer zahlen. Wer weniger begehrt wohnt, kann im Gegenzug mit einer Senkung der Steuer rechnen.

Haben Sie Ihre Grundsteuererklärung noch nicht abgegeben oder wollen Sie Ihren Grundsteuerbescheid fachlich prüfen lassen? Dann melden Sie sich bei uns – wir gehen der Sache auf den Grund.

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