Früher in Rente oder ein Sabbatjahr: Das ermöglicht ein Lebensarbeitszeitkonto

Mit einem Kommentar von

Arne Tiemann

Wirtschaftsprüfer / Steuerberater

Was ist ein Lebensarbeitszeitkonto?

Ein Jahr Auszeit zum Reisen oder endlich einmal Zeit, um sich persönlich weiterzubilden – diesen Wunsch haben bestimmt einige bereits einmal gehegt. Und das am liebsten, wenn man dabei beim eigenen Unternehmen angestellt bleibt und sogar ein Gehalt ausgezahlt bekommt. Ein Lebensarbeitszeitkonto zielt genau darauf ab, dies zu ermöglichen. Es funktioniert ähnlich wie ein normales Arbeitszeitkonto, nur dass dieses nicht auf ein Jahr, sondern auf ein ganzes Leben ausgelegt ist. Sowohl Überstunden als auch Weihnachtsgeld, Gehaltsbestandteile, Prämien, Urlaubsgelder oder übrige Urlaubstage können als Wertguthaben auf das Konto aufgebucht werden – sofern ein Unternehmen dieses Modell anbietet.

Voraussetzungen für ein Arbeitszeitkonto

Das „Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ Flexi II-Gesetz von 2009 machte das Langzeitsparen von Arbeitszeit erstmals möglich. Das Lebensarbeitszeitgesetz kann auch als Form einer betrieblichen Vorsorge gesehen werden und soll Arbeitnehmern mehr Flexibilität bieten, wenn sie einmal eine längere Auszeit benötigen. Prinzipiell kann jeder sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer das Lebensarbeitszeitkonto verwenden, auch leitende Angestellte in Führungspositionen dürfen das Modell seit 2018 nutzen. Die Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen das Lebensarbeitszeitkonto überhaupt zur Verfügung stellt. Tut es das und möchte ein Mitarbeiter dieses in Anspruch nehmen, muss er dies in Schriftform mit seinem Arbeitgeber festhalten. Wichtig ist hierbei, dass der Vertrag nicht zwecks flexiblerer Arbeitszeiten unter der Woche unterschrieben werden soll. Die Verträge zum Lebensarbeitszeitkonto können individuell abgeschlossen oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung unterzeichnet werden.

So funktioniert’s

Sind die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt, kann der Arbeitnehmer damit beginnen, das Wertguthaben seines Lebenszeitkontos zu füllen. Dazu kann er sowohl Zeit, sprich Überstunden oder Urlaubstage, als auch Geld wie das Weihnachtsgeld oder Prämien einzahlen. Der Arbeitnehmer kann jederzeit, wann und wo er will, auf dieses Konto zugreifen und sich frei nehmen, um Angehörige zu pflegen, in Elternzeit zu gehen oder um sich selbst weiterzubilden. Das Modell kann auch genutzt werden, um ein halbes oder ganzes Jahr früher in Rente zu gehen, ohne deswegen Frührente beantragen zu müssen. Der Arbeitnehmer kann sich dabei so lange frei nehmen, wie er möchte oder bis das Wertguthaben aufgebraucht ist. Während dieser Zeit bleibt der Mitarbeiter beim Unternehmen angestellt und kann nach der Auszeit wie gewohnt zur Arbeit zurückkehren. Außerdem bekommt er weiterhin ein Gehalt ausbezahlt, welches seinem Wertguthaben vom Lebenszeitkonto entnommen wird. Dieses Gehalt darf jedoch nicht wesentlich von den vorherigen Monatsgehältern abweichen, es muss zwischen 70 und 130 Prozent der in den Vormonaten erhaltenen Einkommenshöhe liegen. Wichtig zu wissen: Das Geld wird auf dem Konto nicht versteuert, dies erfolgt erst bei der Auszahlung.

Das passiert mit dem Konto im Falle einer Kündigung

Aber was passiert mit der angesparten Zeit und dem angesparten Geld, wenn man bei seinem Arbeitgeber kündigt oder gekündigt wird? Die gute Nachricht – das Wertguthaben auf dem Lebensarbeitszeitkonto verfällt damit nicht. Der nächste Arbeitgeber kann das Lebensarbeitszeitkonto übernehmen und der Mitarbeiter kann das Konto dann dort weiterführen. Lehnt der neue Arbeitgeber dies jedoch ab, kann der Arbeitnehmer von seinem ehemaligen Arbeitgeber verlangen, dass er das Lebensarbeitszeitkonto in voller Höhe ausbezahlt. Eine weitere Option ist es, das Wertguthaben auf die Deutsche Rentenversicherung Bund zu übertragen – hier muss jedoch beachtet werden, dass das Lebensarbeitszeitkonto damit beendet ist und der Angestellte weder weiter darauf einzahlen, noch es zu einem späteren Zeitpunkt an einen anderen Arbeitgeber übertragen kann.Redaktion finanzen.net

BANSBACH kommentiert

Zufriedene Mitarbeiter durch eine bewusste Work-Life-Balance. Gleitzeit und Home-Office und ihre Vorteile sind mittlerweile allen Arbeitgebern und -nehmern bekannt. Das im Artikel angesprochene Lebensarbeitszeitkonto – auch als Zeitwertkonto bezeichnet – hingegen nicht.

Dabei stellt es sich als beidseitig positive Möglichkeit der Mitarbeiterbindung dar: Mitarbeitende können wichtige Momente in ihrem Leben (wie Elternzeit, Pflegezeit oder Altersteilzeit) besser vorausschauend planen und wissen sich sozialversicherungsrechtlich abgesichert – während ihnen daran gelegen ist, ihr Lebensarbeitszeitkonto weiter zu pflegen, bestenfalls beim aktuellen Arbeitgeber, der diese Art der Flexibilisierung ja bereits unterstützt. Schließlich geht mit dem Wechsel der Arbeitsstelle und dem Wunsch, das Konto weiterzuführen, ein nicht geringer administrativer Aufwand einher. Arbeitgeber sollten außerdem nicht vergessen, dass vor allem längere Auszeiten Burnout vorbeugen und für erholte und leistungsfähige Arbeitnehmende sorgen.

Auch der aktuelle Trend des früheren Renteneintritts lässt sich durch ein Lebensarbeitszeitkonto besser umsetzen. Hierzu ein Beispiel: Im Jahr 2023 liegt das Renteneintrittsalter bei 66 Jahren. Ein Arbeitnehmer, der nun ein Wertguthaben besitzt, mit dem er Anspruch auf eine 100%ige Fortzahlung seines Entgelts über 12 Monate hat, könnte schon mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen – ohne eine Kürzung der Rente zu riskieren oder Frührente beantragen zu müssen. Dabei zeigt sich auch ein weiterer Vorteil im Gegensatz zur privaten Altersvorsorge: Das Lebensarbeitszeitkonto bietet eine höhere Rendite.

Des Weiteren können Arbeitnehmende die Dauer ihrer Freistellung über die Höhe des Freistellungsentgelts steuern (insofern sie innerhalb der 70 bis 130 Prozent bleiben), indem sie es für eine längere Abwesenheit senken, respektiv für eine kürzere Auszeit höher ausschöpfen. Stimmt der Arbeitgeber zu, kann sogar eine Freistellung “auf Pump” erfolgen, die Arbeitnehmern eine Freistellung ermöglicht, die sie eigentlich noch nicht angesammelt haben.

Übrigens: Der Gesetzgeber schreibt unbedingt vor, dass das Lebensarbeitszeitkonto gegen Insolvenzfälle abgesichert wird, beispielsweise durch Versicherungen, Wertpapierfonds oder Treuhandmodelle.

Trotzdem eignet sich ein Lebensarbeitszeitkonto nicht für jeden Mitarbeiter: Da Einzahlende auf einen Teil ihres Lohns und/oder Sonderzahlungen verzichten, müssen sie dafür sorgen, dass sie, während sie Arbeitszeit ansparen, finanziell abgesichert sind. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass Mitarbeitende so ein Entgelt produzieren, das unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt.

Diese und weitere Problematiken, die auf Unternehmensebene entstehen können, machen eine Einzelfallentscheidung bei der Einführung eines Lebensarbeitszeitkontos notwendig. Sie wollen Ihren Mitarbeitenden ein Lebensarbeitszeitkonto ermöglichen oder sind von einem Angestellten auf dieses Thema angesprochen worden? Melden Sie sich bei uns. BANSBACH hat auch für Ihren Fall die passende Lösung parat.

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