Aufschwung bei Immobilien vor dem Ende

Mit einem Kommentar von

Claudia Mickeler

Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin

Aufschwung bei Immobilien vor dem Ende

Seit gut zehn Jahren steigen die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland. Doch aktuelle Analysen machen deutlich, dass der Boom vor seinem Zenit steht.

Jeder Boom hat ein Ende und am Immobilienmarkt könnte es bald soweit sein. Seit Jahren steigen die Kaufpreise für Häuser und Wohnungen in Deutschland. Vor allem in den Großstädten eilen die Preise für Eigentumswohnungen den Mieten davon. Dass dies nicht ewig so weitergehen kann, dürfte vielen klar sein. Die Bundesbank warnt schon seit Längerem vor Preisübertreibungen und die aktuell steigenden Zinsen zeigen ebenfalls, dass die Finanzierung nicht für alle Zeiten billig sein wird.

Ökonomen von Deutsche Bank Research haben nun aber ausgerechnet, wann genau der aktuelle Preiszyklus in deutschen Städten ihrer Meinung nach zu einem Ende kommt. Die Termine liegen nicht in allzu ferner Zukunft. Im landesweiten Durchschnitt, so die Prognose, endet der Preisanstieg im Jahr 2024. Zunächst geht es zwar noch ein bisschen weiter mit dem deutschen Immobilienboom, schreiben die Analysten:

„Auch im Jahr 2021 dürfte der Zyklus dank Niedrigzinsumfeld, fundamentaler Angebotsknappheit und aktueller Unterbewertung intakt bleiben.“

Doch dann deuten immer mehr Faktoren auf eine Stagnation hin – oder sogar einen Preisrückgang. „Endet der Zyklus tatsächlich im Jahr 2024, dann erwarten wir aufgrund historischer Vergleichsdaten für kurze Zeit rückläufige nominale Hauspreise. Kumuliert könnte über drei Jahre ein Minus von fünf Prozent zu Buche schlagen“, heißt es weiter. DB Research hat etliche Parameter in die Prognose mit einbezogen. Im Vordergrund stehen diese zwei: Wanderungsbewegungen in der Bevölkerung und die Entwicklung des Angebots von Wohnraum in gefragten Regionen.

Was die Wanderungsbewegungen angeht, folgen die Ökonomen der Prognose des Statistischen Bundesamtes und gehen von durchschnittlich 311.000 Nettozuwanderern nach Deutschland pro Jahr aus. Damit dürfte sich die Einwohnerzahl in Deutschland bis Anfang der 2030er-Jahre auf rund 84 Millionen Bundesbürger erhöhen. In den vergangenen Jahren allerdings kamen pro Jahr wesentlich mehr, nämlich rund 400.000 Zuwanderer nach Deutschland. Der Trend ebbt also ab. Zuwanderer aus dem Ausland ziehen größtenteils in die Großstadtregionen. Hinzu kommen Binnenwanderer aus Deutschland selbst. Viele Landkreise würden Einwohner an die Ballungszentren verlieren: „Nach unseren Berechnungen wird von den 400 Kreisen die Zahl derer mit rückläufiger Einwohnerzahl von aktuell rund 150 in den kommenden Jahren weiter in Richtung 200 zunehmen.“

Der Druck auf die gefragten Wohnungsmärkte bleibt also hoch und in den Städten steige die Einwohnerzahl von 30,1 Millionen auf 31,2 Millionen im Jahr 2033. Doch hier kommt der zweite Faktor ins Spiel: In den Städten herrscht auch Bauboom. Jahr für Jahr werden immer mehr neue Wohnungen fertiggestellt. Die Angebotsknappheit habe 2016 ihren Zenit überschritten, schreiben die Ökonomen.

„Damals fehlten in unseren 126 Städten rund 250.000 Wohnungen für fast 450.000 Personen.“

Seither jedoch sei die Zahl der fehlenden Wohnungen – wiederum in den 126 Städten – auf 200.000 Wohnungen im Jahr 2019 gesunken.

In der Pipeline sind aktuell deutlich mehr als 700.000 Wohnungen. Allein in Berlin liegt der sogenannte Bauüberhang inzwischen bei über 70.000 Einheiten. Die Wohnungen sind bereits genehmigt, nur noch nicht gebaut, auch wegen Kapazitätsengpässen in der Bauwirtschaft. Die Auslastung der Betriebe liegt laut ifo Institut bei fast 80 Prozent. Das ist viel für die Bauindustrie. Wenn diese Hunderttausende von Wohnungen in den nächsten Jahren auf den Markt kommen, geht die Knappheit immer weiter zurück.

Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Die Erschwinglichkeit von Wohnraum geht zurück. Die Mieten können langfristig nur im Rahmen der Wirtschafts- und Lohnentwicklung steigen. Doch beides ist begrenzt. Laut den Experten von DB Research sinkt nun auch die Erschwinglichkeit für Käufer und das trotz niedriger Zinsen. Für Privatkäufer und Investoren sollte das ein Alarmsignal sein. Wer allein in der Hoffnung kauft, dass sich der Buchwert einer Immobilie durch eine anhaltend hohe Nachfrage immer weiter steigert, könnte bald falsch liegen.

DB Research legte bei der Bemessung der künftigen Kaufpreise diverse Parameter zugrunde, etwa die Mietentwicklung, Konjunktur, Zinsen und die Rendite von Bundesanleihen und kommt zu dem Schluss: Nach dieser Methodik liegen die einwohnergewichteten Marktpreise in Deutschland im Jahr 2025 über den fairen Werten. Folglich sinken für viele Investoren die Anreize zu kaufen und der Zyklus würde zu Ende gehen. Wenn die Zinsen unerwartet stark steigen würden, könne das sogar

„eine Verkaufswelle auslösen“.

Einen leichten Anstieg hat es bereits gegeben, der Vermittler Interhyp meldet aktuell 0,8 Prozent statt 0,6 Prozent für zehnjährige Standarddarlehen. „Weitere leichte Steigerungen bei den Bauzinsen im Jahresverlauf sind wahrscheinlich, wenn wir Erfolge in der Pandemiebekämpfung sehen. Das Zinsniveau wird dennoch vergleichsweise günstig bleiben. „Wir sehen das Aufwärtspotenzial durch die ungewisse Wirtschaftsentwicklung und die Geldpolitik der Zentralbanken begrenzt“, erklärt Mirjam Mohr aus dem Interhyp-Vorstand.

Nicht überall würden die Preise gleichermaßen zurückgehen. Weil die Preise in den Metropolen wie München, Hamburg oder Berlin bereits weit nach oben geschossen sind, werde das Ende dort schneller erreicht als in mittelgroßen Städten.

In München sei der Zenit bereits überschritten, meinen die Frankfurter Analysten, und die Kaufpreisstatistik des vergangenen Jahres gibt ihnen recht. Hamburg sei in diesem Jahr dran, Berlin und Frankfurt im Jahr 2022. Generell allerdings gebe es auch Städte mit einer besonders dynamischen Entwicklung, was Wirtschaft und Einwohner angeht. DB Research nennt hier vor allem Berlin und Leipzig: „Berlin sehen wir weiterhin auf dem Weg zu einer globalen Metropole, während man für Leipzig aufgrund des Dorf- und Kreissterbens in der Metropolregion einen besonders kräftigen regionalen Zuzug erwarten kann.“

Einen großen Knall erwarten die Experten nicht. Es geht eher um eine Stagnation oder leichte Rückgänge um vielleicht fünf Prozent. Darauf lässt ein Vergleich mit langjährigen Immobilienpreiszyklen in anderen OECD-Staaten schließen. In Deutschland seien die landesweiten Durchschnittswerte seit 2010 um 50 Prozent gestiegen (in Metropolen deutlich stärker, in der Provinz dagegen gab es Rückgänge).

Etwas skeptischer sieht die Bundesbank die Lage in ihren Monatsberichten. „Aktuellen Schätzergebnissen zufolge lagen die Preise in den Städten nach wie vor zwischen 15 Prozent und 30 Prozent über dem Wert, der durch demografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt ist“, hieß es in der letzten Ausgabe Ende Februar. „Standardindikatoren zur Einschätzung der Preisentwicklung bei Wohnimmobilien deuten darauf hin, dass die markanten Preisübertreibungen auf den städtischen Wohnungsmärkten während der Coronavirus-Pandemie im Berichtsjahr etwas zunahmen. Das Kaufpreis-Jahresmiete-Verhältnis bei Wohnungen übertraf im Berichtsjahr seinen langjährigen Mittelwert seit der Wiedervereinigung in Städten um gut 25 Prozent und in den sieben Großstädten um gut 35 Prozent.“

BANSBACH kommentiert

Wer als Immobilienbesitzer diesen Artikel liest und möglicherweise schon länger über einen Verkauf nachdenkt, könnte im Hinblick auf einen mittelfristig schwächelnden Immobilienmarkt und stagnierende oder sinkende Kaufpreise zu dem Ergebnis kommen, dass gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Verkauf ist.

Aber Vorsicht: Der Gesetzgeber wie auch die Rechtsprechung haben hier einige Fallstricke ausgelegt, die dem Verkäufer ein noch so gutes Geschäft vermiesen könnten.

Viele haben schon von der Besteuerung von Spekulationsgeschäften gehört. Der Gesetzgeber hat hier – vereinfacht dargestellt – festgelegt, dass ein Gewinn aus der Veräußerung einer Immobilie grundsätzlich zu versteuern ist, wenn zwischen den notariellen Beurkundungen von Kauf und Verkauf weniger als 10 Jahre liegen. Damit es nicht zu einfach ist, gibt es diverse Ausnahmeregelungen: Wurde die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzecken genutzt oder zumindest in den im Jahr des Verkaufs und den zwei vorhergehenden Jahren zu eigenen Wohnzecken genutzt, ist ein Gewinn auch dann nicht zu versteuern, wenn die 10-Jahresfrist unterschritten wurde.

Ein weiteres Schreckgespenst ist der sogenannte gewerbliche Grundstückshandel. Dieser Begriff stammt nicht vom Gesetzgeber, sondern ist eine Kreation der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Als Leitsatz könnte man festhalten, dass jemand gewerblich handelt, wenn er/sie innerhalb von 5 Jahren mehr als 3 Immobilien verkauft. Neben der Besteuerung des Gewinns mit Einkommensteuer tritt dann noch eine Gewerbesteuerpflicht hinzu sowie zusätzlich auch noch die Rechnungslegungspflichten für Kaufleute. Wie immer im Steuerrecht gibt es viele Ausnahmen und Sondertatbestände, sodass z.B. in Ausnahmefällen bereits bei Veräußerung nur einer Immobilie ein Gewerbebetrieb vorliegen, andererseits aber auch der Verkauf einer größeren Anzahl von Immobilien eine steuerfreie Vermögensverwertung vorliegen kann. Die Urteile zu diesem Thema und die dazu ergangenen Kommentare füllen Unmengen von Büchern.

Diese und noch weitere Fallstricke sollten unbedingt vor einem Verkauf geprüft werden. Sollten Sie angesichts der prognostizierten Wertentwicklung der Immobilien über einen Verkauf nachdenken, sprechen Sie uns an. Wir prüfen, ob ggf. eine Steuerpflicht droht und zeigen ihnen Gestaltungsalternativen auf.

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