Über die öffentlichen länderbezogenen Berichtspflichten beraten allerdings die Fachminister für Wettbewerbsfähigkeit, und in deren Runde ist keine Einstimmigkeit nötig. Dass dieses Forum über das Vorhaben verhandelt, ist einem Kniff der Europäischen Kommission zu verdanken, die den Gesetzentwurf geschrieben hat.
Weil es um Berichtspflichten gehe und nicht um Steuerfragen, müsse das Thema im Forum für Wettbewerbsfähigkeit behandelt werden, hatte die Kommission, die derlei Verfahrenswege festlegen darf, dem Gesetz mit auf den Weg gegeben. Das war 2016. Seitdem steckt das Vorhaben in der Brüsseler Gesetzesmühle fest. Auch die Bundesregierung hat sich der Initiative bis zuletzt widersetzt.
Während der deutschen Ratspräsidentschaft tauchte das Vorhaben gar nicht erst auf den Tagesordnungen der zuständigen Gremien auf. Erst Portugal, das zum Jahreswechsel die Aufgabe übernommen hat, machte die Transparenzinitiative wieder zum Thema.
Das Ergebnis:
Am Donnerstag beraten die nationalen Minister über die Initiative, Anfang März könnte sie dann beschlossen werden. Für die Bundesregierung sitzt eigentlich Wirtschaftsminister Peter Altmaier in dem Gremium, er wird allerdings am Donnerstag seine Staatssekretärin Claudia Dörr-Voß in die Videokonferenz schicken. Das erspart Altmaier eine Blamage, denn gegenwärtig sieht es so aus, als komme die nötige Mehrheit für das Vorhaben zustande. Darauf verlassen können sich die Befürworter allerdings noch nicht; Deals in letzter Minute gibt es in Brüssel schließlich immer wieder.
Großkonzerne wehren sich derweil gegen die Pläne. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat protestiert genauso wie der europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope. Die Maßnahmen würden Investoren abschrecken, Geschäftsgeheimnisse europäischer Unternehmen gegenüber Konkurrenten offenlegen und die Beziehungen zu den USA in Mitleidenschaft ziehen.
Auch die deutsche Stiftung Familienunternehmen, die große nicht börsennotierte Konzerne wie Dr. Oetker oder Trumpf vertritt, kritisiert die Pläne. Eine Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Stiftung kommt zu dem Schluss, dass der bereits praktizierte vertrauliche Austausch von Finanzdaten zwischen den Steuerbehörden verschiedener Länder funktioniert und dafür sorge, dass mehr Steuern gezahlt werden. Es sei nicht nötig, diese ausgetauschten Daten auch noch öffentlich zu machen.
Auch die OECD warnt vor den Plänen. Der Klub vorwiegend wohlhabender Industriestaaten hat in jahrelangen Verhandlungen bereits das vertrauliche Country by Country Reporting zwischen den Steuerbehörden erreicht. „Eine europäische Regelung rüttelt am internationalen Konsens“, warnt Achim Pross, Leiter des Bereichs Steuerverwaltung bei der OECD.