Das Klimageld kommt frühestens 2025

Mit einem Kommentar von

Julia Müller-Rombach

Steuerberaterin

Im Bundeshaushalt 2024 ist für das von der Ampel-Regierung versprochene Klimageld keine Summe vorgesehen. Das stellte der oberste Haushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, vor der abschließenden Bereinigungssitzung klar. „Erst wenn wir den Auszahlungsmechanismus haben, können wir auch Klimageld auszahlen“, sagte er. Immerhin stellte Kindler für das nächste Jahr, also den Bundeshaushalt 2025, eine Ausgleichszahlung für die stetig steigenden CO₂-Preise beim Tanken und Heizen in Aussicht. Aus den Fraktionen von SPD und FDP gab es zuletzt ähnliche Stimmen.

Seit zwei Jahren wird von den politisch Verantwortlichen immer wieder auf den „fehlenden Auszahlungsmechanismus“ verwiesen, wenn es um das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld geht. Doch kann es wirklich so schwer sein, einen festen Betrag an alle 84 Millionen Bürger auszuzahlen? Die WELT beantwortet wichtige Fragen zum Stand der Umsetzung.

Was braucht es für den Auszahlungsmechanismus?
Über keine der vorhandenen Zahlungsstellen – weder über die Finanzämter noch über die Renten-, Familien- oder Krankenkassen – können alle Bürger erreicht werden. Es war in der Vergangenheit schlicht nicht vorgesehen, dass der Staat an alle Bürger Geld überweist.

Damit der Staat dazu in der Lage ist, muss er erst einmal wissen, wohin das Geld gehen soll. Er braucht von allen Menschen eine aktuelle Kontonummer – und muss zudem sicherstellen, dass niemand doppelt kassiert. Es handelt sich also nicht nur um einen Auszahlungs-, sondern auch einen Kontrollmechanismus. Den Auftrag, einen solchen Mechanismus zu schaffen, erhielt das Bundesfinanzministerium vom Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz Ende 2022. Dort ist festgeschrieben, dass in einem ersten Schritt die Kontonummern aller Bürger zentral beim Bundeszentralamt für Steuern gespeichert und mit der dort bereits vorhandenen Steueridentifikationsnummer, kurz SteuerID, verknüpft werden. Eine solche Kennung hat bereits jeder Säugling. Die aktuelle Meldeadresse ist dort bereits hinterlegt.

Wie weit ist der Aufbau der Datenbank?
Seit dem 1. Dezember 2023 ist die Schnittstelle freigeschaltet, um Kontonummern an das Bundeszentralamt für Steuern zu melden. Und die ersten Daten sind tatsächlich eingetroffen. „Die Bundesagentur für Arbeit hat als Familienkasse die Kontoverbindung für Personen übermittelt, für die Kindergeld festgesetzt wurde“, teilte das Bundeszentralamt auf WELT-Anfrage mit.

Insgesamt seien „etwa 13,5 Millionen Datensätze erfolgreich quittiert“ worden, bestätigte die Bundesagentur für Arbeit die Lieferung aller Bestandsdaten. Das bedeutet, dass Kindergeldbezieher dem Klimageld also schon bereits recht nah sind.

Wann kommen die fehlenden Kontodaten hinzu?
Vorgesehen ist, dass die fehlenden 70 Millionen Kontodaten vor allem die Kreditinstitute im Land beisteuern. Laut Paragraf 139b der Abgabenordnung sollen natürliche Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zu ihrer Bank gehen können und diese beauftragen, dem Bundeszentralamt für Steuern das Konto zu melden, auf das die öffentlichen Leistungen fließen sollen. Dafür sollen die technischen Voraussetzungen bis Ende März vorliegen, wie es von Bankenseite heißt. „Ziel ist ein Abschluss der Arbeiten bis zum Ende des ersten Quartals 2024“, teilte die Deutsche Kreditwirtschaft mit. Angestrebt sei eine IT-Lösung, die nicht nur eine sichere und effiziente Übermittlung der Kontodaten ermögliche, sondern auch sämtliche datenschutzrechtlichen Anforderungen vollumfänglich erfülle.

Ist auch eine direkte Meldung der IBAN möglich?
Eine Direktmeldung der Kontoverbindung soll möglich sein. Es wird allerdings noch dauern, bis dieser Weg für alle Bürger offensteht. „Die technischen Voraussetzungen für eine eigenständige Übermittlung der Kontoverbindungen durch die Bürgerinnen und Bürger müssen noch geschaffen werden“, teilte das Bundeszentralamt für Steuern mit. Das sei „voraussichtlich im Laufe des zweiten Halbjahres 2024 technisch möglich“, heißt es in einem Schreiben.

Warum dauert der ganze Prozess so lange?
Wie so oft sind der Grund die föderalen Strukturen der Steuerverwaltung in Deutschland. Denn es ist vorgesehen, dass die Direktmeldungen über die Steuerplattform ELSTER laufen. Das heißt, diese muss um ein entsprechendes Fenster erweitert werden, in das jeder eintragen kann, auf welches Konto das Klimageld überwiesen werden soll. Das muss nicht jenes sein, auf das die Finanzämter mögliche Steuererstattungen überweisen.

Verantwortlich für die ELSTER-Programmierung ist das Bayerische Landesamt für Steuern. „Das Feature befindet sich aktuell in der Umsetzung. Ein konkreter Starttermin wurde bislang noch nicht festgesetzt“, heißt es aus München. Unter Zeitdruck sieht man sich dort nicht. Die Steuerverwaltung und das Verfahren ELSTER spiele als Übermittlungsoption nur eine „nachgelagerte Rolle als Übermittlungsoption für Personen, die nicht über ihre Bank übermitteln möchten“. Der Fokus liege auf den Kreditinstituten.

Kann das Klimageld ausgezahlt werden, wenn alle Kontodaten beim Bundeszentralamt liegen?
Nein. Die Verknüpfung von SteuerID und IBAN ist nur der erste Schritt. Danach – oder besser parallel – muss die Auszahlung organisiert werden. Da gibt es weiterhin offene Fragen: Welche Institution überweist das Geld? Wer ist Ansprechpartner für Rückfragen? Mit wie vielen Leuten muss das Call-Center besetzt sein, wenn gleichzeitig Zahlungen an 84 Millionen Bürger rausgehen?

Infrage kommen für die Auszahlung mehrere Institutionen. Im Gespräch ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit Sitz in Eschborn bei Frankfurt am Main, das bereits viel Erfahrung mit der Auszahlung von Förderprogrammen hat, etwa zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen. Auch der Umweltbonus zur Subventionierung von Elektrofahrzeugen lief über das BAFA. Über die staatliche Förderbank KfW soll es demnächst ebenfalls direkte Auszahlungen im Zusammenhang mit dem neuen Heizungsgesetz geben. Auch dort gäbe es im nächsten Jahr also Erfahrung mit direkten Überweisungen.

BANSBACH kommentiert

In 2023 konnte die Bundesregierung mit dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten erneut Einnahmen in Rekordhöhe erzielen: Gut 18,4 Milliarden Euro kamen zusammen, noch einmal 40 % als in 2022. Diese Gelder fließen in den nationalen Klima- und Transformationsfonds.

Kurz zur Erklärung: Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte müssen von Händlern gekauft werden, die fossile Brennstoffe vertreiben. Die Preise der gekauften Rechte werden anschließend an den Abnehmer (beispielsweise Tankstellen) weitergegeben und landen so auch bei den Bürgern. Und denen wurde mit dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimageld ein „sozialer Kompensationsmechanismus“ versprochen.

Ein Mechanismus, auf den die Bundesbürger möglicherweise noch länger als 2025 warten müssen, denn Mitte Januar hat Christian Lindner verkündet, das sogenannte Klimageld könne wahrscheinlich erst nach der nächsten Bundestagswahl ausgezahlt werden – damit fiele die Entlastung möglicherweise ins Jahr 2027. Mit dieser Aussage hat Herr Lindner sich allerdings keine Freunde gemacht: aus vielen Richtungen und sogar aus der Ampel selbst baut sich seitdem Druck auf, die Entlastung endlich bei den Bürgern ankommen zu lassen.

Innerhalb der Bundesregierung muss eine Entscheidung getroffen werden – technische Umsetzung hin oder her. Denn: Die Einnahmen durch die verkauften Verschmutzungsrechte können nicht mehrfach ausgezahlt werden. Soll damit nun der Bau von Batteriefabriken oder der Austausch der alten Gasheizung zu einer Wärmepumpe unterstützt oder der versprochene Kompensationsmechanismus umgesetzt werden? Jeder dieser Fälle hätte unterschiedliche Effekte auf die deutsche Wirtschaft und gleichermaßen auf den Einzelnen. Wird allerdings keine Entscheidung getroffen, werden die Bürger mit ihrer Stimme bei den nächsten Wahlen selbst überlegen müssen, wohin die Gelder fließen.

    Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Formular zur Beantwortung meiner Nachricht erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung gelöscht. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.
    Vielen Dank für Ihre Nachricht.Ihre Anfrage ist soeben bei uns eingegangen.
    Wir werden uns in Kürze bei Ihnen melden.
    Zurück zur Übersicht