Deutschlands Rentensystem vor dem Kollaps: Ist 401(k) die Lösung?

Mit einem Kommentar von

Arne Tiemann

Wirtschaftsprüfer / Steuerberater

US-Rentner stärker auf private Vorsorge angewiesen

Das Sozialversicherungssystem in den USA unterscheidet sich grundlegend von dem in Deutschland. In den USA werden verschiedene staatliche Altersvorsorgeleistungen unter dem Begriff „Social Security“ zusammengefasst. Oft reichen diese staatlichen Leistungen nicht zum Leben aus, weshalb viele Bürger auf private Vorsorge angewiesen sind. Ähnlich wie in Deutschland basiert die Rentenhöhe auf Faktoren wie Arbeitsjahren, Renteneintrittsalter und Einkommen.

Steuerfreie Einzahlung auf separates Konto

Der 401(k)-Altersvorsorgeplan ist eine beliebte Form der privaten Altersvorsorge in den USA. Der Plan funktioniert, indem ein Teil des Gehalts der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber steuerfrei auf ein spezielles Konto eingezahlt wird. Dieses Geld wird dann in verschiedene Anlageformen wie Aktien oder Fonds investiert und wächst steuerfrei an, profitiert also vom Zinseszins-Effekt. Ein wichtiger Aspekt des 401(k) ist seine Flexibilität bei der Auszahlung, die in Raten oder als Einmalzahlung erfolgen kann. Allerdings unterliegen Auszahlungen der Einkommensteuer und vorzeitige Entnahmen vor 59,5 Jahren zusätzlichen Strafgebühren. Ab 72 Jahren sind Auszahlungen obligatorisch.

Bei der Verwaltung des 401(k) fallen Kosten an, die je nach Anbieter und Unternehmensgröße variieren und laut SmartAsset durchschnittlich 2,22 Prozent betragen, aber zwischen 0,2 und 5 Prozent liegen können. Diese Kosten werden in der Regel an die Arbeitnehmer weitergegeben. Ein bedeutender Vorteil des 401(k) im Vergleich zu deutschen Systemen liegt in der steuerlichen Behandlung: Die Einkünfte aus dem 401(k) werden erst bei der Entnahme versteuert, was eine ungestörte Vermehrung des Kapitals ermöglicht. Im Gegensatz dazu sind in Deutschland Beiträge und Rentenzahlungen in der Regel direkt steuerpflichtig.

Deutsches Rentensystem unter Druck

Wenn es in Deutschland um die Vorsorge für das Alter geht, setzen die meisten Menschen auf das staatliche Rentensystem. Laut einer Erhebung von Statista gab es im Jahr 2021 lediglich rund 9,71 Millionen Menschen ab 14 Jahren, die eine private Altersvorsorge im Haushalt besaßen. Dagegen standen 60,83 Millionen Menschen ab 14 Jahren, die keine private Altersvorsorge in ihrem Haushalt hatten. Dass es eine dringende Reform des Rentensystems benötigt, liegt auf der Hand. Aktuell werden mit rund 100 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt knapp 30 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung gedeckt. Da sich das demografische Problem noch verstärken wird und es in Zukunft immer weniger Beitragszahlende pro Rentenbezieher gibt, werden sich die Kosten noch deutlich erhöhen.

Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) warnt vor einem drastischen Anstieg des Altersquotienten bis 2050 aufgrund demografischer Entwicklungen, was viele Menschen in die Altersarmut stürzen könnte. Laut der bpb gab es im Jahr 2000 22 Rentner auf 100 Erwerbsfähige, 2020 waren es bereits 31,4 – ein Anstieg von 42 Prozent. Bis 2040 wird ein Anstieg auf 46,7 Prozent erwartet und 2050 sollen es bereits 46,8 Prozent sein, sprich mehr als doppelt so viel wie noch im Jahr 2000. Diese signifikante Zunahme des Anteils älterer Menschen im Verhältnis zu Erwerbstätigen unterstreicht die dringende Notwendigkeit von Reformen im Rentensystem, um einem möglichen Kollaps entgegenzuwirken.

ifo Institut: 401 (k) wäre möglich

Eine vorgeschlagene Option, um die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland zu stärken, ist eine stärkere Kapitalmarktorientierung im Stile des 401(k) Systems, was politische Unterstützung zu finden scheint. Im Koalitionsvertrag 2021 hieß es, dass man die betriebliche Altersversorgung „unter anderem durch die Erlaubnis von Anlagemöglichkeiten mit höheren “ stärken wolle. Das ifo Institut bestätigt den Ansatz und schreibt, dass eine renditeorientierte Anlage ähnlich den in den USA verbreiteten 401(k)-Plänen in Deutschland denkbar sei. Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages merkt hingegen an, dass eine komplette Übertragung des 401(k)-Systems auf Deutschland schon aufgrund der unterschiedlichen sozialen Sicherungssysteme nicht plausibel sei.

BANSBACH kommentiert

Es ist noch nicht sehr lange her, da haben wir vom Plan der Wirtschaftsweisen berichtet, die Altersgrenze für die Rente an die steigende Lebenserwartung zu koppeln, um die Rentenkassen stabil zu halten. Außerdem erkennt dieser Artikel bereits ein weiteres Problem an: die in Deutschland stärker werdende Altersarmut.

Der aktuelle Artikel weist darauf hin, dass in den Vereinigten Staaten viele Bürger auf eine private Altersvorsorge angewiesen sind, da die staatliche Vorsorge nicht zum Leben ausreiche. In Deutschland übrigens auch nicht – jedenfalls nicht, wenn Rentner sich nicht stark einschränken. Dazu ein paar Zahlen:

  • Ende 2023 lag die durchschnittliche Bruttorente bei in Deutschland bei etwa 1700 Euro, was netto ungefähr 1400 Euro ergibt.
  • Nur etwa 150.000 Rentnerinnen und Rentner bekommen derzeit mindestens 2.500 Euro Nettorente ausgezahlt und gehören damit zu den Top-Rentenbeziehern.
  • Beinahe 700.000 Rentner sind auf die staatliche Grundsicherung angewiesen.

Das Lebensniveau aus Erwerbszeiten während der Rente zu halten ist schwierig – schließlich arbeitet man (üblicherweise) in dieser Zeit nicht mehr. Dennoch erscheint es ungerecht, einen Lebensabend an der Armutsgrenze fristen zu müssen, hat man doch schließlich einen Großteil des Lebens in die Rentenkassen mit eingezahlt.

Ein Blick nach Österreich lässt das deutsche Rentensystem alt aussehen: Dort sollen alle Bürger, die 45 Jahre lang eingezahlt haben, 80 Prozent des Durchschnittseinkommens als Rente erhalten. In Deutschland liegt dieser Wert bei ungefähr 50 Prozent.
Ein großer Faktor spielt in Österreich dabei die Menge der Einzahlenden: Fast alle Arbeitenden zahlen in das gesetzliche Rentensystem ein, auch Selbstständige und staatliche Beamte – denn das Beamtentum wurde dort fast gänzlich abgeschafft.

Übrigens: Beamte in Deutschland agieren mit ihren Pensionen außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung und liegen gut 20 Prozent über denen der restlichen Bürger (etwa 70 Prozent zu 50 Prozent) und das bei einer höheren Lebenserwartung.

Fakt ist: Für viele Bürger reicht die staatliche Rente nicht aus und wird sie auch zukünftig nicht – denn die Standardrente wird ab 2030 auf 44 Prozent gekürzt. Wer nicht im Ruhestandsalter dem demografischen Wandel entgegenwirken und länger in den Lebensabend hinein arbeiten will, muss sich zwangsläufig mit einer privaten Altersvorsorge beschäftigen. Wir empfehlen Ihnen, diese Überlegungen besser früher als später in Angriff zu nehmen.

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