Ein Blick zurück nach vorn

Mit einem Kommentar von

Arne Tiemann

Wirtschaftsprüfer / Steuerberater

Ein Blick zurück nach vorn

Fachkräftemangel, ethische Werte und persönliche Lebensmodelle verbinden sich zu einer Mischung, die die Arbeitswelt revolutioniert: Die Talente von heute und morgen sind herausfordernd.

Es braut sich etwas zusammen auf dem Arbeitsmarkt. Während sich die meisten Arbeitgeber im dritten Jahr der Pandemie intensiv mit Rückkehrplänen und der Ausgestaltung von neuen oder alten Büroflächen beschäftigen, verschieben sich die tektonischen Platten des Job-Kosmos. Die Ausgestaltung einer hybriden Arbeitswelt, der Fachkräftemangel und die Umsetzung von Gleichstellungszielen gehören zu den drei Top-Prioritäten und Herausforderungen für große Unternehmen. Auch das kommt einer Zeitenwende gleich.

Great contemplation

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im März 2020 ihr Büro überstürzt gegen ein vermeintlich temporäres Homeoffice eingetauscht haben, sind nicht die Menschen, die 2022 in die Büros zurückkehren werden. Die Pandemie hat auch bei jenen, die nicht von Corona heimgesucht wurden, tiefe Spuren hinterlassen. Sie hat sich zu einem kollektiven Trauma entwickelt, das spürbare Auswirkungen auf die Bedürfnisse von Menschen und ihre Erwerbsbiografien hat. Eine permanente Nebenwirkung der Corona-Krise: das große Nachdenken („great contemplation“).

Die zentralen Fragen der Wissensarbeiter im dritten Jahr der Pandemie gehen ins Mark: Wie will ich leben? Wie will ich (nicht mehr) arbeiten? Welche Werte sind für mich nicht verhandelbar? Welcher Arbeitgeber bietet mir dafür die besten Rahmenbedingungen? Die globale Ausnahmesituation hat viele Menschen nachdenklich gemacht.

Die Babyboomer gehen in Rente und reißen Lücken

Eins steht fest: Die Arbeitswelt der Zeit vor Corona ist Geschichte. Es gibt kein Zurück in eine Welt vor März 2020. Je schneller Unternehmensverantwortliche dies verinnerlichen, desto schneller können sie sich mit den neuen Realitäten auseinandersetzen. In wenigen Jahren verabschiedet sich die Generation der „Babyboomer“ in den Ruhestand und reißt dadurch große Lücken in den Führungsetagen und am Fachkräftemarkt.

Schon heute übersteigt die Zahl jener, die sich in den Ruhestand begeben, die Zahl derer, die neu auf den Arbeitsmarkt kommen. Dieser Trend wird sich noch deutlich verschärfen.

Hohe Gehälter, Autonomie – und klar geregelte Arbeitszeiten

Indes stellt die Generation Z – das sind die zwischen 1995 und 2010 Geborenen -, die jetzt auf dem Arbeitsmarkt ankommt, diesen bereits auf den Kopf. Die Erwartungshaltung an Leben und Arbeit unterscheidet sich deutlich von der früherer Generationen. Teens und Twens wissen vor allem, was sie nicht wollen. Das äußern sie auch selbstbewusst, denn sie wissen um den Fachkräftemangel und ihre daraus resultierende gute Verhandlungsposition.

Eine übermäßige Loyalität zum Arbeitgeber kann nicht mehr vorausgesetzt werden. Treue und Verbundenheit müssen sich die Unternehmen von heute künftig hart erarbeiten. So haben es erfahrene Manager plötzlich nicht selten mit selbstbewussten Mittzwanzigern zu tun, die als Führungskraft einsteigen wollen und hohe Gehälter und Autonomie einfordern, die aber gleichzeitig auf klar begrenzte Arbeitszeiten pochen und sich für die Umsetzung von Nachhaltigkeits- und Diversity-Zielen interessieren.

Rente mit 55

Diese Melange an vermeintlich widersprüchlichen Bedürfnissen kann Entscheiderinnen und Entscheider durchaus überfordern. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse in ihrer Belegschaft intensiv analysieren und ausbalancieren müssen, um attraktiv und relevant zu bleiben. Laut einer aktuellen Umfrage von Goldman Sachs plant rund ein Viertel der Generation Z, sich der sogenannten FIRE-Bewegung (Financial Independence, Retire Early) anschließen zu wollen, die einen frühen Ruhestand ermöglichen soll.

Ein Ziel ist es, bis zum Alter von 55 Jahren in Rente zu gehen. Das ist auch eng verknüpft mit weiteren Entwicklungen wie der Gig Economy und der Creator Economy, die Karrierewege und Einkommensmöglichkeiten jenseits der klassischen Erwerbsarbeit im Angestelltenverhältnis aufzeigen.

Vertreterinnen und Vertreter der Generationen Z und Alpha (diejenigen, die zwischen 2010 und 2025 geboren wurden oder werden) sehen in diesen neuen Karrierewegen durchaus attraktive Alternativen. Das gilt zum Teil auch für die Millennials, die im Zeitraum der frühen 1980er- bis zu den späten 1990er-Jahren geboren wurden und auch als Generation Y geführt werden.

Arbeitgeber müssen um Gunst der Arbeitskräfte werben

Die klassische Festanstellung in Vollzeit gilt längst nicht mehr als einziger Weg zum beruflichen Glück. Die neuen Entwicklungen sorgen unter anderem dafür, dass potenzielle Arbeitskräfte sich nicht mehr nur wie gewohnt beim Unternehmen bewerben. Inzwischen müssen Arbeitgeber selbst häufig um deren Gunst werben. Damit kehrt sich die bisherige Dynamik um, was ein radikales Umdenken in den Unternehmen erfordert. Sie müssen sich tief in die angesprochenen Zielgruppen hineindenken, deren Bedürfnisse erkennen und darauf eingehen.

Was wollen die Talente von morgen, die sich ihren Arbeitgeber wohl aussuchen werden können? Sie legen neben Rahmenbedingungen wie Gehalt und Benefits vor allem Wert auf den sogenannten Purpose eines Arbeitgebers. Welche Werte werden im Unternehmen großgeschrieben? Wie werden diese im Alltag gelebt? Die Antworten auf diese Fragen sind entscheidend, auch weil sie Auskunft über die Glaubwürdigkeit des Arbeitgebers geben.

Außerdem wollen die neuen Generationen in einem Umfeld arbeiten, das ihnen ein persönliches und fachliches Fortkommen ermöglicht. Weiterentwicklungsangebote sind in dieser Wahrnehmung nicht mehr nur ein Gimmick, sondern müssen Standard sein. In diesem Zusammenhang wird auch das Thema Diversität und Inklusion in allen Facetten zu einem entscheidenden Aspekt. Die Unternehmenskultur der Zukunft wird von all diesen Faktoren geprägt, die unmittelbar erlebbar sein müssen. Sie sind für die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend.

Führungskräfte müssen empathisch sein

Die Arbeitswelt von morgen wird unübersichtlicher, anstrengender und vielfältiger. Es ist auch das Ende der laminierten Laufzettel und Glaubenssätze aus den Managementbüchern früherer Jahre. Es gilt, verschiedenste Anforderungen und Spannungsfelder im Blick zu haben. Die Vielfalt bezieht sich nicht mehr nur auf Geschlechter- oder Herkunftsfragen, denn sie wird nun erweitert um die unterschiedlichen Generationen in der Belegschaft und die damit verknüpften Erwartungshaltungen.

Analysen und Studien zeigen deutlich, dass nicht mehr nur von einer Belegschaft und ihren Bedürfnissen gesprochen werden kann, sondern dass die Erwartungs- und Bedürfnishaltungen zunehmend fragmentiert sind. Das stellt auch ganz neue Anforderungen an Führungskräfte. Diese müssen empathisch und wertschätzend führen, um die Bedürfnisse ihrer Teams zu verstehen und so Talente nachhaltig an sich binden zu können. Die kulturelle Performance hat einen entscheidenden Einfluss auf die Zufriedenheit in der Belegschaft.

Das Gestalten innerhalb dieser Spannungsfelder gelingt nur mit viel Toleranz für Ambiguitäten, mit der Fähigkeit, Uneindeutiges auszuhalten. Das ist der Schlüssel für diese Zukunft. Die attraktivsten Arbeitgeber schaffen es, die Bedürfnisse der potenziellen Arbeitskräfte in einer postpandemischen Welt bestmöglich zu antizipieren, zu übersetzen und zu verstehen. Nur so werden sie im „War for Talents“, der sich in den kommenden Jahren zu einer veritablen Talentapokalypse ausweiten wird, bestehen. Darum wird die Frage nach substanzieller Arbeitgeberattraktivität besonders wichtig.

Ein unmittelbar erlebbarer Alltag

Die Talente der Zukunft haben ein klares Bild von ihren idealen Arbeitgebern: Neben dem reinen Job geht es um die Vereinbarkeit mit dem Privatleben, um eine Kultur mit starkem Purpose, um Weiterentwicklungsmöglichkeiten und um das Gefühl echter Zugehörigkeit. Und zudem soll all das im Alltag unmittelbar erlebbar sein – sowohl mit der direkten Führungskraft als auch im erweiterten Unternehmensumfeld. Das verändert auch die Erwartungshaltung an Führungskräfte. Ehrliche Offenheit, Empathie, Vertrauen, Gestaltungsmöglichkeiten und Flexibilität werden inzwischen vorausgesetzt.

Die gute Nachricht: Die Weichenstellung läuft, es ist noch Zeit zum Handeln.

BANSBACH kommentiert

Der im Artikel beschriebene Fachkräftemangel ist mittlerweile in allen Branchen angekommen. Handwerk, Handel, Industrie wie auch die Dienstleistungsbranche sind gleichermaßen betroffen. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Besetzung von Ausbildungsstellen zunehmend schwieriger wird.

Beratungsunternehmen, die Arbeitgebern versprechen, mit Hilfe von Employer Branding eine Arbeitgebermarke zu entwickeln, und Ihnen dadurch kurzfristig qualifiziertes Personal zu verschaffen, sprießen wie Pilze aus dem Boden. Der Aufbau einer Arbeitgebermarke ist jedoch ein langwieriger Prozess, der folgende Stufen beinhaltet:

  • Branding: Analyse / Employer Value Proposition
  • Branding: Markenkommunikation
  • Engagement: Content-Strategie erstellen
  • Recruiting: Mitarbeiter finden, gewinnen und
  • Retention: Mitarbeiter langfristig binden

Lassen Sie sich bei Interesse Referenzen der Consultingunternehmen nennen, die sie verifizieren können.

Auch wenn die Vergütung möglicherweise nicht mehr das allein ausschlaggebende Argument für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses sein mag, so ist die finanzielle Ausgestaltung eines Arbeitsvertrags hilfreich und bietet die Möglichkeit sich von den Angeboten anderer Arbeitgeber positiv abzugrenzen.

In der Regel besteht arbeitgeberseitig ein Gesamtbudget für die zu besetzende Stelle. Arbeitnehmer hingegen orientieren sich hingegen häufig an verfügbaren Nettoeinkommen sowie zusätzlichen Benefits wie z.B. der Gestellung von Fortbewegungsmitteln wie (E-)Bikes, (E-)Roller oder Autos, Mobiltelefonen, Laptops, die Einrichtung eines Home-Office, Versicherungsleistungen im Bereich der Altersversorgung, Unfallversicherung oder der Krankenversicherung – um hier eine kleine Auswahl zu nennen.

Wir sind Ihnen gern behilflich, aus diesem Potpourri aus Gehaltsbestandteilen ein Paket für Ihre künftigen Mitarbeiter zu entwickeln, unter dem Aspekt der Nettolohnoptimierung und unter Berücksichtigung der Erwartungshaltung Ihrer Arbeitnehmer. Sprechen Sie uns an.

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