Mein Soli

Mit einem Kommentar von

Susanna Böttcher

Steuerberaterin, Fachberaterin für Zölle und Verbrauchsteuern

Mein Soli

Ab 2021 entfällt für viele Bürger der Einkommensteueraufschlag, der einst für den Aufbau Ost gedacht war. Gut angelegt, kann das Geld zum kleinen Vermögen werden.

Die Mauer war gerade gefallen, der Kanzler hieß Helmut Kohl, es gab keine Handys, kein Internet, und fast ein Drittel der heute in Deutschland lebenden Menschen war überhaupt noch nicht geboren. Damals, im Jahr 1991, führte die Bundesregierung den Solidaritätszuschlag ein, einen Aufschlag auf die Einkommensteuer von zunächst 7,5 Prozent. Mit dem zusätzlichen Geld wollte der Fiskus die außerordentlichen Belastungen nach der Wiedervereinigung schultern, und das schien allen einleuchtend. Zumal das Ganze auf ein Jahr befristet war.

Inzwischen sind drei Jahrzehnte vergangen, und kaum jemand versteht noch, wozu es der Zusatzsteuer bedarf, auch wenn deren Höhe 1998 auf 5,5 Prozent abgesenkt wurde. Doch immerhin wird der Solidaritätszuschlag nun zum 1. Januar für den größten Teil der Arbeitnehmer abgeschafft. Rund 10,9 Milliarden Euro stehen den Bürgern dann insgesamt mehr zur Verfügung. Bis zu 932,58 Euro im Jahr sind das für Singles, für Paare bis zu 1865,16 Euro. Das Geld können sie natürlich künftig einfach ausgeben, und viele werden es auch dringend brauchen. Doch andere haben durchaus die Möglichkeit, das Kapital einfach zurückzulegen. Wer es klug anstellt, macht aus dem eingesparten Soli in einem Zeitraum von 30 Jahren – so lange, wie es den Soli bisher gab – leicht 100.000 Euro oder mehr.

Für rund 90 Prozent der Lohn- und Einkommensteuerzahler entfällt der Soli nach Angaben des Bundesfinanzministeriums zum 1. Januar komplett, für weitere 6,5 Prozent zumindest teilweise. Wer konkret im kommenden Jahr wie viel mehr im Geldbeutel haben wird, ist allerdings nicht so einfach festzustellen. Denn das Verfahren der Berechnung ist etwas kompliziert. Konkret entfällt der Soli für alle, deren Einkommensteuer im Jahr weniger als 16.956 Euro (33.912 Euro für Verheiratete) beträgt. Das entspricht einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 62.127 Euro (124.254 Euro), was jedoch wiederum nicht identisch mit dem Bruttolohn ist. Denn von diesem gehen alle Beträge ab, die in der einen oder anderen Form abgesetzt werden können, beispielsweise Sozialbeiträge, Kinderfreibeträge oder der Pauschbetrag für Werbungskosten. So schätzt das Bundesfinanzministerium, dass Singles bis zu einem Bruttolohn von rund 73.000 Euro und Paare bis zu etwa 151.000 Euro gemeinsamem Einkommen keinen Soli mehr bezahlen.
Doch auch für jene, die knapp darüber liegen, wird nicht gleich der volle Aufschlag auf die Einkommensteuer fällig. Dafür sorgt eine sogenannte Milderungszone: Ab 16.956 Euro zu versteuerndem Einkommen [Inhaltlicher Fehler: Es handelt sich nicht um das zu versteuernde Einkommen, sondern um die Jahreslohnsteuer. Anmerkung der Blog-Verantwortlichen] erhöht sich der zu zahlende Solidaritätszuschlag nur schrittweise, bis er schließlich bei 31.528 Euro die vollen 5,5 Prozent erreicht. Für Verheiratete gelten die entsprechenden doppelten Beträge. Umgerechnet in Bruttoverdienste heißt das: Nur für Singles, die mehr als 109.000 Euro verdienen, und Verheiratete mit mehr als 221.000 Euro bleibt alles beim Alten, sie haben auch im kommenden Jahr keinen Cent netto zusätzlich.

Alle anderen können jedoch teilweise hohe Beträge sparen, am meisten jene, die genau an der Grenze von 62.127 Euro beziehungsweise 124.254 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen liegen. Sie haben ab Januar 932,58 Euro (1865,16 Euro) im Jahr zusätzlich zur Verfügung. Sofern das Geld nicht gebraucht wird, sondern zurückgelegt werden kann, ergeben sich daraus erhebliche Summen: Nimmt man die 30 Jahre, die es den Soli bislang gab, als Maßstab, so wären das über die kommenden drei Jahrzehnte immerhin knapp 28.000 Euro (56.000 Euro). Ein netter Betrag, oder?

Mathias Schulz, Berater bei J.P. Morgan Asset Management, warnt davor, die Inflation zu vergessen. Denn wer das Geld einfach nur anspart und auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto liegen lässt, bekommt heute praktisch keine Zinsen mehr. Die Geldentwertung aber schreitet voran.

„So wird der Realzins dann letztendlich negativ.“

Bei einer Rate von zwei Prozent pro Jahr sind die 28.000 Euro nach 30 Jahren nur noch etwas mehr als die Hälfte wert.

Daher sollten Sparer mindestens zwei Prozent Rendite pro Jahr erzielen, um wenigstens kein Geld zu verlieren, idealerweise aber natürlich mehr, um auch noch etwas zu verdienen. Doch womit lässt sich künftig wie viel erzielen? J.P. Morgan hat in einer umfassenden Analyse die zu erwartenden Renditen für die kommenden 15 Jahre errechnet. Die Experten kommen dabei für sichere Anleihen gerade mal auf 1,4 Prozent pro Jahr. US-Aktien bringen es dagegen immerhin auf 4,1 Prozent, europäische auf 5,2 Prozent und Aktien aus Schwellenländern sogar auf 7,2 Prozent.

Das ist deutlich weniger als in der Vergangenheit, sowohl bei Anleihen als auch bei Aktien. Aber das sei die Folge davon, dass die Kurse in den vergangenen Monaten schon stark gestiegen sind, in Erwartung künftiger Gewinne. Und die Prognosen entsprechen dem, was auch andere Banken errechnet haben.

„Wir müssen alle unsere Renditeerwartungen herunterschrauben“,

sagt Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank. Durchschnittliche jährliche Renditen von acht Prozent bei Aktien wie in der Vergangenheit seien nicht mehr drin. Er erwartet für die nächsten zehn Jahre jährliche Gewinne von vier Prozent für europäische und von fünf Prozent für amerikanische Aktien. Die Deka-Bank hält für diese Dekade jährliche Renditen von 4,6 Prozent für Aktien insgesamt für realistisch.

Das mag enttäuschend sein, und doch führt für Sparer, die ihren gesparten Soli anlegen und gleichzeitig vor der Inflation retten wollen, kein Weg an Aktien vorbei. Und Mathias Schulz hat auch einen Rat, wie sie das am besten tun können:

„Eine gute Möglichkeit für die ersten Schritte an der Börse sind Sparpläne – mit ihnen lässt sich schon mit kleinen Beträgen am Vermögensaufbau arbeiten.“

Einige Rechenbeispiele zeigen, wie auch bei einer erwarteten Rendite von 5,2 Prozent pro Jahr auf Dauer ein kleines Vermögen entsteht – dem Zinseszins sei Dank. So hat beispielsweise ein 30-jähriger Single mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 40.000 Euro künftig zwar nur 38,19 Euro mehr netto pro Monat. Doch legt er dieses Geld bis zu seiner Rente mit 67 jeden Monat in einem Sparplan an, so hat er im Ruhestand satte 50.000 Euro im Depot. Ein Ehepaar, das die doppelte Summe zurücklegen kann, kommt sogar auf über 100.000 Euro.

Wessen zu versteuerndes Einkommen an der Grenze zur Milderungszone liegt, der muss seinen eingesparten Soli sogar nur 27 Jahre lang in einen Aktiensparplan einzahlen, um bei einer Rendite von 5,2 Prozent pro Jahr auf ein ähnliches Ergebnis zu kommen. 50.000 beziehungsweise 100.000 Euro bei Rentenbeginn – das ist sicher eine nette Brücke in den Ruhestand.

Natürlich können die Renditen im schlimmsten Fall auch tiefer liegen. Allerdings betrug die niedrigste jemals gemessene jährliche Rendite in einem beliebigen 20-Jahres-Zeitraum innerhalb der vergangenen 50 Jahre 3,3 Prozent, wie Statistiken des Deutschen Aktieninstituts zeigen. Zudem können die Gewinne ja auch deutlich höher ausfallen – über 30 Jahre lagen die jährlichen Renditen im Maximum bei 10,9 Prozent.

Schließlich aber muss am Ende möglicherweise noch die Kapitalertragssteuer abgezogen werden. Und – das ist der Haken an der Teilabschaffung des Soli – hier wird auch nach wie vor der volle Soli draufgeschlagen. Aber vielleicht wird das ja bis zum Rentenbeginn auch noch abgeschafft, und vielleicht dauert das diesmal sogar weniger als 30 Jahre.

BANSBACH kommentiert

Es ist erfreulich, dass die Sonderabgabe zum Ausgleich der Sonderbelastungen durch die Wiedervereinigung größtenteils abgebaut wird, obgleich Stimmen laut werden, der Soli könnte auch beibehalten werden zur Refinanzierung der Kosten der Corona-Pandemie.

Wir teilen auch die Einschätzung des Autors, dass nicht alle Begünstigten die Möglichkeit haben werden, die zusätzliche Liquidität zur Seite zu legen. Durch die Änderungen im Steuerrecht (z.B. durch Anhebung der Grundfreibeträge, Entfall des Soli) bleibt ab dem
1. Januar 2021 monatlich mehr Geld im Geldbeutel übrig – bei einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von EUR 4.000,00 sind dies bei Steuerklasse I oder IV (Lediger Arbeitnehmer/in oder verheiratet Steuerklasse IV) rd. EUR 50,00. Der Autor des Artikels gelangt aufgrund der künftig zu erwartenden Rendite zu dem Ergebnis, dass eine Kapitalanlage dieser freien Mittel in alternative Investitionsmöglichkeiten zu empfehlen ist.

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